Vor dem Start in seine letzte große Titel-Mission gönnte sich Florian Wellbrock eine kleine Auszeit vom monotonen WM-Alltag.
Gemeinsam mit seinen Magdeburger Teamkollegen Lukas Märtens und Isabel Gose ging der Freiwasser-Olympiasieger in Fukuoka shoppen. «Sie haben versucht, mal auf andere Gedanken zu kommen. Das ist eigentlich schon die einzige Ablenkung, die man hier hat», sagte Langstrecken-Bundestrainer Bernd Berkhahn. «Bei der Hitze rauszugehen und irgendwas zu besichtigen macht keinen Sinn.»
Das bittere und völlig überraschende Vorlauf-Aus über 800 Meter Freistil hat Wellbrock nach Angaben seines Trainers gut verkraftet. «Eigentlich geht’s ihm gut und mental ist er auch gut drauf», sagte Berkhahn. Am Samstag (ab 3.30 Uhr MESZ) will sich sein Sportler im 1500-Meter-Rennen für das Finale qualifizieren und dann zum WM-Abschluss zeigen, dass er in diesem Sommer auch im Becken titelreif ist.
Zwei Mutmacher
In der ersten WM-Woche hatte Wellbrock zweimal Gold im Freiwasser gewonnen, dann kam der misslungene Auftritt über 800 Meter. Zwei Dinge könnten dem 25-Jährigen nun zugutekommen.
Erstens: Wellbrock kennt die Situation. Bei der WM 2019 war ihm ähnliches passiert. Damals folgte nach dem Vorlauf-Aus ein grandioses-Comeback inklusive Gold auf der längsten Beckendistanz. «Jeder weiß, wie es 2019 ablief. Das will ich gar nicht beschreien, aber wenn es nur in die Richtung geht, das wäre schon toll», sagte Kumpel Märtens. «Ich traue ihm noch sehr viel zu. Das weiß er auch.» Der 21-Jährige, der Bronze über 400 Meter Freistil gewann, will ebenfalls um Edelmetall kämpfen. Er und Wellbrock trainierten vormittags in der Marine Messe, nachmittags hatten sie frei.
Zweitens – und auf diesen Vorteil hätte Wellbrock gerne verzichtet: Seine Hauptkonkurrenten haben ein zusätzliches und extrem hartes Rennen in den Knochen. «Das Finale über 800 Meter stecken die Jungs auch nicht einfach so weg. Da hat Florian einen kleinen Vorteil», sagte Berkhahn.
Als Weltjahresbester ist Wellbrock nach Japan gereist. Damit zählt der gebürtige Bremer automatisch zu den Topfavoriten. Berkhahn sagt jedoch mit Blick auf die Leistungen der anderen Langstreckenschwimmer bei dieser WM auch: «Wir haben gesehen, die Konkurrenz hat sich entwickelt. Das muss Florian auch, wenn er an der Position bleiben will. Das ist letztendlich das Ziel.»
«Wäre ein Meilenstein in der Schwimm-Geschichte»
Der 52-Jährige rechnet mit einem extrem schnellen Rennen. Berkhahn kann sich vorstellen, dass gleich mehrere Athleten unter der elf Jahre alten Weltrekordzeit von 14:31,02 Minuten bleiben. «Das wäre ein Meilenstein in der Schwimm-Geschichte», sagte er. Auch Wellbrock hat den Weltrekord im Hinterkopf, will ihn irgendwann brechen. Die Frage ist: Ist er aktuell in der Verfassung dazu oder hat die erste WM-Woche im Meer doch zu viel Kraft gekostet?
Wellbrocks Titel, zweimal Gold für Leonie Beck und Bronze für Oliver Klemet waren eine überragende Bilanz für den Deutschen Schwimm-Verband im Freiwasser. Danach kam für die Sportlerinnen und Sportler des DSV aber nicht mehr viel dazu. «Wir haben den Schwung am ersten Tag mitgenommen. Da war die Welle noch hoch mit der Bronzemedaille von Lukas Märtens», sagte Leistungssportdirektor Christian Hansmann zu den Beckenwettbewerben. «Dann ist die Welle flacher geworden.»
Vor allem von Brustschwimmerin Anna Elendt und Wellbrock über 800 Meter hatte man sich mehr erhofft. Auch für Märtens wäre eine weitere Medaille drin gewesen. «Jetzt setzen wir alle Hoffnungen auf Florian über die 1500 Meter, dass da noch die zweite Beckenmedaille dazukommt», sagte Hansmann.
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