Wimbledon ohne Boris Becker – das war viele Jahre lang völlig undenkbar. Erst als Spieler und dreimaliger Champion, danach als Experte der BBC hat die deutsche Tennis-Legende den Rasen-Klassiker entscheidend geprägt. Im vergangenen Jahr fehlte Becker erstmals, weil er wegen falscher Angaben im Insolvenzverfahren unweit von London im Gefängnis saß.
Und auch in diesem Jahr wird Becker nicht im All England Lawn Tennis and Croquet Club anzutreffen sein. Zwar wurde er im Dezember 2022 vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, dafür darf er derzeit aber nicht nach England einreisen. Daher wird Becker das Geschehen in seiner neuen Heimat Mailand vor dem Fernseher verfolgen, was an seiner großen Vorfreude auf den Rasen-Klassiker aber nichts ändert. «Auch, wenn ich nicht vor Ort bin, ist für mich Wimbledon immer noch die schönste Jahreszeit», sagte Becker der Deutschen Presse-Agentur. «Ich freue mich, wenn es am Montag endlich losgeht.»
Und auch in Mailand wird Becker ein interessanter Gesprächspartner sein. Er werde sicherlich das eine oder andere Interview geben, kündigte der 55-Jährige an. Seine Expertise ist schließlich weiter groß, wie Becker zuletzt auch als TV-Experte für Eurosport während der French Open bewies.
Becker glaubt an Djokovic
Seine Vorhersage für Wimbledon ist vor allem bei den Herren eindeutig: Der Weg zum Titel führt nur über seinen ehemaligen Schützling Novak Djokovic (36). «Er hat hier schon siebenmal gewonnen, obwohl Rasen zu Beginn seiner Karriere nicht unbedingt sein Lieblingsbelag war», sagte Becker. «Aber er hat im Laufe der Jahre Rasentennis gelernt und wie die Anzahl der Titel schon sagt, ist Wimbledon mittlerweile nach Australien sein Lieblingsturnier.»
Als Hauptkonkurrenten für den Rekord-Grand-Slam-Sieger sieht Becker vor allem Carlos Alcaraz (20). «Es ist sagenhaft, wie er seine Enttäuschung nach der klaren Niederlage gegen Djokovic in Paris weggesteckt und auf Rasen wieder Weltklasse-Tennis gespielt hat», sagte Becker über den Weltranglistenersten aus Spanien, der zuletzt das Vorbereitungsturnier in Queens gewann. «Er wird bis in die Haarspitzen motiviert sein.»
Hoffnungen liegen auf Zverev
Das erwartet Becker auch von Alexander Zverev (26). Jahrelang fungierte Becker als Mentor von Deutschlands bestem Tennis-Spieler, auch heute noch ist der Kontakt zum Zverev-Lager gut. Doch eine Frage kann selbst Zverev- und Wimbledonkenner Becker nicht beantworten: Warum ist Zverev beim Rasen-Klassiker bislang nicht über das Achtelfinale hinausgekommen?
«Von der Grundausstattung her bringt Zverev alles mit. Starker erster Aufschlag, starke Physis, gute Grundschläge – er hat ein perfektes Spiel auf Rasen, konnte es bislang leider aber noch nicht in vollem Umfang umsetzen», sagte Becker. «Er spielt auf Sand Weltklasse, er spielt auf Hartplatz Weltklasse. Auf Rasen, gerade in Wimbledon, hat es bislang noch nicht ganz gereicht», sagte Becker. «Und um ehrlich zu sein, ich weiß auch nicht genau, warum das so ist.»
Ob er der Suche nach den Gründen im kommenden Jahr wieder vor Ort nachgehen kann, ist derzeit noch unklar. Genauso wie eine Zukunft bei der BBC für den Fall, dass er wieder nach England einreisen darf. Die Personalie Becker spiele aktuell keine Rolle, teilte eine Sprecherin des britischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Deutschen Presse-Agentur mit. «Derzeit haben wir keine Pläne, mit Boris zusammenzuarbeiten.»
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