Martina Voss-Tecklenburg brüllte immer wieder vergebens gegen den Lärm der zahlreichen Vietnam-Fans auf dem Bieberer Berg an und klatschte später schmallippig ihre Spielerinnen ab.
Vier Wochen vor dem Vorrunden-Start in Australien sucht die Bundestrainerin noch ihr Team für die Weltmeisterschaft. Auf das mühsame 2:1 der deutschen Fußballerinnen gegen den WM-Außenseiter aus Asien in Offenbach reagierte die 55-Jährige am Samstagabend ziemlich angefressen. Unterm Strich bleiben eine lange Mängelliste, nur noch eine Testpartie zum Einspielen – aber die Hoffnung auf die Asse des VfL Wolfsburg und des FC Bayern sowie die Trainingseinheiten in Herzogenaurach:
«Es war sicherlich ein wenig zusammengewürfelt», sagte Voss-Tecklenburg zu ihrer Startformation vor 13.652 Fans mit zahlreichen Spielerinnen aus der zweiten Reihe. Und zum Stand der Vorbereitung: «Wir haben einen anderen Anspruch, das ist klar. Aber wir wissen auch, wir sind vielleicht maximal bei 40 Prozent oder 50 Prozent. Trotzdem haben wir heute viele Erkenntnisse gewonnen.»
Nur die Partie gegen Sambia bleibt
Vor allem die, dass die Vize-Europameisterinnen zum Ende ihrer ersten Vorbereitung und im zweiten Block vom 1. bis 7. Juli «noch ganz viel auf dem Trainingsplatz zu tun haben». Gegen das giftige Vietnam-Team konnten sich noch am ehesten die Frankfurterin Nicole Anyomi und die Hoffenheimerin Paulina Krumbiegel, die neben Janina Minge ins Tor traf, empfehlen. Am Ende verhinderte die starke Stammkeeperin Merle Frohms den Ausgleich. Die meisten Asse vom Champions-League-Finalisten VfL Wolfsburg um Kapitänin Alexandra Popp und die erkrankte Lena Oberdorf wurden von Voss-Tecklenburg ebenso geschont wie die fünf später angereisten Spielerinnen des FC Bayern.
Dass der Nominierungs-Streit zwischen dem Münchner Club und dem Deutschen Fußball-Bund doch noch nachhallt, zeigt auch die Tatsache, dass den DFB-Frauen jetzt nur noch die Partie gegen Sambia am 7. Juli (20.30 Uhr/ARD) in Fürth bleibt, um Automatismen zu schärfen. Danach wird Voss-Tecklenburg ihr 23-köpfiges Aufgebot benennen. Fünf Spielerinnen aus dem vorläufigen Kader müssen zu Hause bleiben. Nach der Ankunft in Australien, wo es in den Gruppenspielen gegen Marokko, Kolumbien und Südkorea geht und im Achtelfinale schon die WM-Mitfavoriten Frankreich oder Brasilien drohen, will die Bundestrainerin intern noch gegen eine männliche Nachwuchsmannschaft testen.
«Vor der EM lief ja auch nicht alles rund»
«Nach drei Platzeinheiten ist es das erste Spiel gewesen. Wir können das einordnen, wissen aber auch, was wir auf vielen Ebenen die nächsten drei Wochen zu tun haben», sagte Voss-Tecklenburg – nachdem sie ihrem Team zahlreiche Mängel attestiert hatte. Die Fitness sei noch am einfachsten zu lösen, aber sie sprach auch von fehlenden «Basics», dem Umgang mit Druck und dem taktischen Verständnis: «Verstehen wir das Spiel so, wie wir es spielen wollen?»
Die Fehlpassquote empfand Angreiferin Laura Freigang von Eintracht Frankfurt «auffällig». Für die eingewechselte Abwehrchefin Marina Hegering war «das Zweikampfverhalten der alles entscheidende Unterschied.» Man müsse noch an vielem arbeiten, räumte Mittelfeldspielerin Lena Lattwein ein, erinnerte aber auch daran: «Vor der EM lief ja auch nicht alles rund.»
In England fanden die DFB-Frauen im vergangenen Jahr schnell zusammen und begeisterten, ehe sie im Finale vom Gastgeber-Team ausgebremst wurden. Andererseits: Voss-Tecklenburg brauchte zuletzt schon fast alle Finger, um ihre WM-Favoriten aufzuzählen. Und in diesem Jahr hat ihre Auswahl in den Spielen gegen Schweden (0:0), die Niederlande (1:0) und Brasilien (1:2) nur phasenweise überzeugen können. Trotzdem ist der dritte WM-Titel nach 2003 und 2007 das große Ziel.
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