Kurz nach Mitternacht formulierte Alexander Zverev eine emotionale Liebeserklärung. Abgekämpft, aber glücklich sprach der Olympiasieger über sein überwundenes Trauma von Paris – und freute sich dank der unerwartet verheißungsvollen Aussichten auf «viel Spaß» in der zweiten Woche bei den French Open.
«Es war das härteste Jahr meines Lebens, ich liebe Tennis mehr als alles andere im Leben. Ich spiele den Sport nicht für das Geld, nicht für den Ruhm oder irgendetwas anderes», schwärmte Zverev im größten Tennis-Stadion von Paris nach dem Achtelfinaleinzug am frühen Sonntagmorgen. «Als man mir das genommen hat, war das sehr schwer. Ich bin sehr froh, hier zurück zu sein.» Dabei sieht er für sich selbst keine Grenzen: «Hoffentlich wird es noch weit für mich gehen hier.»
Im Achtelfinale wartet der Bulgare Grigor Dimitrow
Den ersten Jahrestag seiner schweren Verletzung überstand Zverev beim 3:6, 7:6 (6:3), 6:1, 7:6 (7:5) gegen den Amerikaner Frances Tiafoe in einer Nachtschicht nach schwachem Beginn schadlos. Trotz einer Schrecksekunde bei einem Ausrutscher an fast genau der Stelle, wo er sich 2022 im Halbfinale gegen Rafael Nadal schwer am Knöchel verletzt hatte. Nun findet sich Zverev nach schwierigen Wochen mit zahlreichen Rückschlägen plötzlich als Favorit auf den dritten Halbfinaleinzug in Serie beim Sandplatzklassiker in Paris wieder.
«Es wird nicht einfacher, ganz klar», sagte der 26-Jährige mit Blick auf das nächste Duell mit dem Bulgaren Grigor Dimitrow, das am Montagabend erneut im größten Stadion steigt. Der erfahrene Bulgare verhinderte durch einen klaren Dreisatzsieg die nächste Überraschung von Daniel Altmaier und ein deutsches Achtelfinalduell. «Natürlich ist Dimitrow ein Wahnsinnsspieler, der spielt vielleicht sein bestes Tennis auf Sand, das er je gespielt hat», sagte Zverev.
Er selbst ist von seinem früheren Spitzenniveau noch entfernt. Mit leichten Fehlern geriet der ehemalige Weltranglistenzweite gegen Tiafoe mehrfach in Gefahr, auch der Aufschlag wackelte immer wieder. «Ich denke nicht, dass er schon wieder auf dem Toplevel ist», sagte der befreundete Amerikaner. «Er wird aber bald wieder auf dem Höhepunkt seines Spiels sein.»
Und auch Boris Becker glaubt in Paris an die Chancen von Zverev, der weiter seinen ersten Grand-Slam-Titel jagt: «Er wurde von Satz zu Satz besser, lockerer», lobte der Eurosport-Experte. «Das war für Sascha ein ganz wichtiger Sieg für die zweite Woche. Ich habe ein gutes Gefühl, da geht noch was.» Auch in einem möglichen Viertelfinale gegen den Argentinier Tomas Martin Etcheverry oder Yoshihito Nishioka aus Japan wäre Zverev favorisiert.
Zverev kritisiert späte Ansetzungen
Vor Gedanken über den weiteren Turnierverlauf stand für Zverev aber die möglichst rasche Regeneration vom zweiten Abendspiel in Serie an. Um kurz vor halb zwei betrat er frisch geduscht mit einem «Guten Morgen» den kleineren der beiden Haupt-Pressekonferenzräume im Untergeschoss des Court Philippe-Chatrier. Frühestens um vier, fünf Uhr werde er voraussichtlich zum Schlafen kommen, berichtete er und äußerte sich kritisch über den späten Beginn der Abendspiele im Stade Roland Garros.
«Wenn wir fünf Sätze spielen, kann das auch bis zwei Uhr morgens gehen», sagte Zverev. «Das ist irgendwo dann nicht mehr so gesund für den Spieler, der das Match gewinnt und dann am nächsten Tag wie jetzt auch wieder spielen muss.» Seine Drittrundenpartie hatte nach halb neun Uhr abends begonnen und endete erst 18 Minuten nach Mitternacht.
Kein anderer Profi musste bislang bei diesen French Open mehr als einmal im spätesten Spiel ran – für Zverev ist es nun das dritte Mal in Serie. Grundsätzlich möge er die sogenannten Night Sessions, betonte er, aber für den Körper sei es angenehmer, um 23 Uhr schlafen zu gehen. «Ich bin der Meinung, dass man in den Night Sessions eher die Frauen spielen lassen kann, weil die ein Maximum von drei Sätzen spielen», sagte Zverev. Nun steht aber wieder er noch mindestens einmal im großen Rampenlicht.
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