Eigentlich scheint der Plan von Mercedes so gar nicht zum rasanten Leben von Lewis Hamilton zu passen. «Wir versuchen, langsam den Weg zurück an die Spitze zu gehen. Schritt für Schritt», sagte der Formel-1-Rekordweltmeister in Barcelona.
Das ist für den exzentrischen Briten allerdings ziemlich schwierig, denn Geduld ist nicht seine Stärke. So schnell wie möglich will der 38-Jährige wieder ganz nach vorn, um Siege mitfahren und vielleicht doch noch als erster Fahrer überhaupt Titel Nummer acht gewinnen. Dann wäre er der Größte in seinem Sport und würde an Michael Schumacher vorbeiziehen. Die Probleme: Der Rückstand auf Red Bull ist enorm – und dem Altmeister läuft langsam die Zeit davon.
Verstappen liegt in Führung
«Immer zu gewinnen, hat mich nie gelangweilt», sagte Hamilton im Fahrerlager in Spanien. Von 2014 bis 2020 wurde er sechsmal Weltmeister und nur 2016 von Stallrivale Nico Rosberg bezwungen, erst die Änderungen des Reglements bremsten den Rekordjäger im Silberpfeil aus. Max Verstappen zog im Red Bull vorbei, nach zwei WM-Titeln liegt der Niederländer vor dem siebten Saisonlauf am Sonntag (15.00 Uhr/Sky) in Spanien schon wieder weit in Führung. «Für mich ist wichtig, dass es immer weiter vorangeht», sagte Hamilton.
Das klappte zuletzt nicht immer. Gerade zu Beginn des Jahres war der 103-malige Grand-Prix-Gewinner mit dem neuen Mercedes überhaupt nicht zufrieden und äußerte das auch öffentlich. In Barcelona dürften die technischen Verbesserungen am W14 erstmals einen größeren Einfluss haben, auch wenn das Werksteam immer noch nicht da sei, wo man eigentlich hin wolle, wie Hamilton sagte: «Wir müssen einen Schritt nach dem anderen tun. Ich will nicht negativ klingen, ich bin froh, dass wir diese Verbesserungen haben.»
«Bin hungrig nach mehr»
Auch in seinem 17. Jahr in der Motorsport-Königsklasse hat sich an Hamiltons Einstellung wenig geändert. «Ich habe mehr erreicht, als ich mir erträumen konnte. Aber ich bin hungrig nach mehr», sagte Hamilton schon oft in seiner Karriere. Ob es ein 18. Jahr in der Formel 1 für ihn geben wird? Alles deutet darauf hin.
In Italien hatte eine Zeitung unlängst schon ein Hamilton-Foto auf einen Ferrari-Anzug montiert. Seit Wochen wird spekuliert, dass der Routinier zur Scuderia wechseln könnte. Er selbst dementierte das energisch, auch Mercedes geht weiter fest von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit aus. Der gemeinsame Vertrag endet nach diesem Jahr. «Ich denke nicht, dass Lewis Mercedes verlassen wird. Er ist in einem Stadium seiner Karriere, in dem wir uns gegenseitig vertrauen», sagte Teamchef Toto Wolff. 46 Millionen Euro soll Ferrari ihm angeblich für ein Jahr geboten haben. Doch um Geld geht es nicht.
Hamilton besitzt Immobilien in den besten Lagen in den USA und Europa, ist als Investor an Firmen beteiligt und selbst Werbegesicht für Weltkonzerne. Ein stattliches Gehalt bei den Silberpfeilen kommt noch obendrauf. Er wolle noch einige Jahre fahren, sagte er.
Dass das realistisch ist, beweist gerade der drei Jahre ältere Fernando Alonso (41), der im Aston Martin WM-Dritter ist. Auch Hamilton will nicht nur dabei sein, sondern endlich wieder gewinnen. Seit 2013 steuert Hamilton den Mercedes, stellte in dem lange unschlagbaren Auto Rekorde für die Ewigkeit auf. Allerdings wartet er schon seit dem 5. Dezember 2021 in Saudi-Arabien auf einen Triumph.
Vater hatte drei Jobs, um Hamiltons Karriere zu finanzieren
«Ich habe jede Sekunde daran gedacht, als Erster über die Ziellinie zu fahren», erinnerte sich Hamilton in Barcelona an seine Zeit als Nachwuchsfahrer. Sein Vater Anthony opferte viel, hatte mehrere Jobs, um die Rennfahrerkarriere des Sohnes zu finanzieren. «Ich wusste damals nicht mal, ob ich es in die Formel 1 schaffe», sagte Hamilton und wirkte dabei recht nachdenklich. Manchmal fühle er sich «immer noch wie dieser Junge», ergänzte er.
In Spanien weichen die Kameras dem Ausnahmekönner an diesem Wochenende nicht von der Seite. Gemeinsam mit Apple produziert Hamilton eine eigene Dokumentation. «Es geht um mein Leben, es geht um meine Karriere und die Reise dorthin, wo ich bin», sagte er. Sein Ziel: «Hoffentlich kommt das nächste kleine Kind von der Schule nach Hause, schaut es sich an und lässt sich inspirieren, selbst etwas Großartiges zu tun.» So sei es damals auch bei ihm selbst gewesen, als er eine Dokumentation über sein Idol Ayrton Senna sah.
Der Brasilianer Senna konnte vor seinem tragischen Unfalltod nie in Barcelona gewinnen, wurde 1993 einmal Zweiter. Hamilton hingegen ist gemeinsam mit Schumacher Rekordsieger auf dem Kurs in Katalonien. Bis 2021 gelangen ihm alleine fünf Siege nacheinander. Und was passiert 2023? «Ich weiß nicht, was ich erwarten soll, denn auch die Anderen machen ihre Autos schneller», sagte Hamilton: «Ich hoffe, wir können ihnen die Stirn bieten.»
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