22. November 2024

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Ratlose Hertha weiter am Tabellenende: «Einfach nicht genug»

Die Situation bei der Hertha verschärft sich auch mit Rückkehrer Dardai. Gegen Werder ist die Mannschaft über Strecken nicht konkurrenzfähig. Die Suche nach Antworten fällt schwer.

Die Häme kam aus tausenden Bremer Kehlen. «Zweite Liga, Hertha ist dabei», sangen die in Scharen mitgereisten Werder-Fans in der zweiten Halbzeit. Eine Prognose, die nach dem Auftritt des Hauptstadtclubs beim 2:4 im ausverkauften Berliner Olympiastadion fast alternativlos erscheint.

«Ich bin einer, der immer viel reden kann, der immer Antworten hat, aber gerade ist es sehr schwer zusammenzufassen. Es ist einfach nicht genug, was wir in der ersten Halbzeit gezeigt haben», sagte selbst Leitwolf Kevin-Prince Boateng.

Die zarte Zuversicht, die es angesichts des ausverkauften Stadions und der Rückkehr des rettungserfahrenen Trainers Pal Dardai beim Tabellenletzten gab, sie verpuffte am Samstag schon in der 6. Minute. Marvin Ducksch erzielte das erste seiner drei Tore. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld lag Herthas Lucas Tousart auf dem Boden. Keiner seiner Mitspieler ging mit irgendeiner Konsequenz auf Vorlagengeber Jens Stage oder Ducksch zu.

«Das Spiel fängt an, Dodi hat eine Riesenchance, wir machen kein Tor. Wir haben noch eine Gelegenheit. Im Gegenzug gleich ein Tor. Danach war die Mannschaft so blockiert», sagte Rückkehrer Dardai, der die Hertha 2015 und 2021 vor dem Abstieg rettete, aber dieses Mal an seine Grenzen stoßen könnte. Unter Druck habe das Team Riesenprobleme. «Da müssen wir dringend etwas tun, um diese Blockade zu lösen», sagte der 47-Jährige.

Ducksch fertigt Hertha im Alleingang ab

Nur: Die Zeit wird immer knapper und der Rückstand auf den Relegationsplatz größer. Zu allem Überfluss geht es am kommenden Wochenende auch noch zum FC Bayern München (15.30 Uhr/DAZN). «Wenn man etwas irgendwas Positives nimmt: Wir sind noch nicht abgestiegen. Wir haben noch wichtige Spiele zu Hause. Wir müssen jetzt noch schneller, enger zusammenrücken», sagte Boateng. 

Die Blockade, von der Dardai und auch Boateng sprachen, war überdeutlich zu sehen. Die große Kulisse wurde auf einmal zur Hypothek. Einfache Pässe kamen nicht an. Das Zweikampfverhalten erinnerte mitunter an Begleitschutz. 4:0 stand es nach zwei weiteren Ducksch-Toren (27. und 51. Minute) und einem von Ex-Herthaner Mitchell Weiser (63.). Herthas Treffer durch Jessic Ngankam (68.) und Dodi Lukebakio (78. Minute, Foulelfmeter) kamen zu spät. Es blieb unklar, ob sie mehr Bremer Nachlässigkeit oder Berliner Aufbäumen geschuldet waren.

Von den Hertha-Fans gab es schon vor dem Spiel Liebesentzug und ein Banner mit der Aufschrift: «Zerreißt euch endlich für Hertha BSC!». Zur Pause Pfiffe und am Ende viel Resignation. «Wir brauchen die Fans. Ich weiß, dass es sehr schwer ist. Ich bin selber Hertha-Fan, mir tut das auch weh. Ich würde auch pfeifen, glaube ich. Aber wenn wir Hertha lieben, so wie wir es sagen, müssen wir es probieren», sagte Boateng. Aber er räumte auch ein: «Nach heute bin ich ein bisschen ohne Energie.»

Grün-weiße Party; 25.000 Bremer im Olympiastadion

Das von Dardai vor der Partie erhoffte Spielglück, das den Berlinern seit Monaten abgeht, war auch am Samstag auf der Seite des Gegners. «Die erste Chance des Gegners war heute mal nicht drin, wie es in den letzten Wochen der Fall war. Unsere Chance war eben drin, und dann ist das Spiel in unsere Richtung gelaufen», sagte Werder-Trainer Ole Werner, der sich freute, dass sich sein Team für eine gute Leistung endlich mal wieder belohnte.

Mit 35 Punkten dürfte Werder mit dem Abstieg in dieser Saison nichts mehr zu tun bekommen. Die ausgerufene grün-weiße Party in Berlin – bis zu 25.000 Bremer sollen mitgereist sein – sie wurde zu einem vollen Erfolg. Es sei ein außergewöhnlicher Rahmen gewesen, sagte Werner. «Wenn man gesehen hat, wie viel Unterstützung wir hier heute hatten, ist das etwas, was im Kopf bleibt, was uns ein Stück weit auch getragen hat.»

Da konnte man fast vergessen, dass bei Werders erfolgreichstem Torjäger Niclas Füllkrug (16 Treffer) kurz vor dem Spiel die Wade wieder zumachte. Doch Ducksch war eben zur Stelle und steht nun selbst schon bei elf Toren. «Er hat ein überragendes Spiel gemacht. Verantwortung übernommen, ist vorne weggegangen. Man hat richtig gesehen, wie er sich reingehauen hat, die Jungs mitgenommen hat», lobte Profifußball-Leiter Clemens Fritz. «Geil, war sehr geil», zeigte sich Ducksch präzise wie auf dem Feld.

David Langenbein, dpa