24. November 2024

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Der «Allerjüngste» Hussain Besou sorgt für Aufsehen

Hussain Besou ist der jüngste deutsche Nationalspieler im Schach. Beim Mitropa-Cup gehört er einer ersatzgeschwächten Nationalmannschaft an. Der nächste Schritt zeichnet sich bereits ab.

Im dunkelblauen Kapuzenpullover mit Videospielfigur sitzt Hussain Besou vor dem Schachbrett.

Der Elfjährige lächelt unscheinbar in die Kamera, dann schaut er wieder konzentriert auf die Figuren, die er bewegt, wie nur die wenigsten Spieler seines Alters. Besou, der mit fünf Jahren mit seinen Eltern aus Syrien nach Deutschland geflüchtet war, ist der jüngste deutsche Nationalspieler – in diesen Tagen spielt das Team beim Mitropa-Cup auf der kroatischen Insel Losinj. Wegen Besou zeichnet sich ein zarter Medienhype ab.

Nachrücker der Nationalmannschaft

«Die Aufgaben werden schwerer und sind nicht mehr innerhalb weniger Minuten zu lösen», sagte Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler vor dem Turnier der Deutschen Presse-Agentur über die Entwicklung des Jüngsten im Team. «Die Nominierung hat ihm vielleicht noch mal einen zusätzlichen Schub gegeben.» Weil das Turnier am Ostermontag gestartet war, gab es für viele Schachspieler Terminüberschneidungen, Besou bekam die Chance.

Normalerweise spielen erfahrene Nationalspieler an der Seite von Nachwuchsspielern in Kroatien für Deutschland. «Wir spielen mit einigen Abstrichen», sagte Vökler, der sich mit seiner dieses Mal sehr jungen Mannschaft keine Chancen auf Medaillen ausrechnet. «Innerhalb dieser jungen Mannschaft ist Hussain natürlich mit elf Jahren noch mal der Allerjüngste.»

Jüngster Nationalspieler

Den bisherigen Rekord von Vincent Keymer hat der Allerjüngste geknackt. Keymer hatte mit zwölf Jahren das erste Mal für die Nationalmannschaft gespielt, mittlerweile ist der 18 Jahre alte Vizeweltmeister im Schnellschach der beste deutsche Spieler. «Dadurch, dass Hussain einen kleinen Altersvorsprung hat, könnte er dasselbe Niveau wie Vincent erreichen», sagte Vökler, der aber warnt, dass eine genaue Vorhersage unmöglich sei. Eine Prognose will auch Besou nicht abgeben: «Ich weiß nicht, wie die Zukunft ausschauen wird», sagte der Sechstklässler.

Kasparow als Vorbild

Ein großes Vorbild hat er dennoch: Schach-Ikone Garri Kasparow. «Er ist offensiv und taktisch gut – das sind auch meine Stärken», sagte der Elfjährige. Und den Gegner mit Gestik und Mimik beeinflussen, so wie Kasparow es auch gerne gemacht hat? «Ich bin auch so einer», sagte Besou im dpa-Gespräch lachend. 

In den Blickpunkt hatte sich der Elfjährige bei der Europameisterschaft 2018 in Riga gespielt. Besou, damals als Siebenjähriger in der U8, war «extrem aufgefallen durch seinen unbedingten Siegeswillen, aber auch durch seine Kopf-durch-die-Wand-Verluste. Das war eine sehr prägende Begegnung», sagte Vökler.

Vorerst kein fester Nationalspieler

Eine Eigenschaft, die Artur Jussupow, deutsch-russischer Schach-Großmeister, dem Nachwuchsspieler abtrainierte. «Das hat er über die Jahre sehr gut ausgeglichen», sagte Vökler und betont: «Die schnelle Auffassungsgabe ist noch da, die blitzschnelle Berechnung. Aber er spielt natürlich viel überlegter und kommt jetzt häufiger auch in Zeitnot, weil ihn jetzt eben die Komplexität des Spiels erreicht hat.» Etwas, das auch Besou zu schaffen macht. Anstrengend sei das Training, sagte er, «aber Spaß macht es mir auch». In Kroatien soll er hauptsächlich lernen.

Einen festen Platz im engen Kreis der Nationalmannschaft bekommt Besou vorerst nicht. «Da gibt es momentan die sechs Hauptkandidaten», sagt Neu-Schachbundestrainer Jan Gustafsson in einem Twitch-Stream. «Das kann sich natürlich ändern, wenn jemand anderes einen Sprung macht. Also die Tür ist da für keinen zu.» Langfristig traut Vökler ihm einen solchen Platz allerdings zu: «Ich rechne damit, dass er das tatsächlich in fünf Jahren erreichen kann, wenn die Entwicklung annähernd so weitergeht.» Dann wäre Besou 16 Jahre alt – und schon einer der Großen.

Jann Philip Gronenberg, dpa