24. November 2024

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Epo-Doping: DFB sperrt HSV-Profi Vuskovic für zwei Jahre

HSV-Profi Mario Vuskovic bleibt wegen Epo-Dopings bis November 2024 gesperrt. Der DFB stützt die Haltung der Welt-Anti-Doping-Agentur - trotz Experten-Zweifel. Noch ist der Fall aber nicht vorbei.

In der spektakulären Doping-Causa Mario Vuskovic hat das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ein Urteil gefällt – und die Position der Welt-Anti-Doping-Agentur und ihrer Epo-Analytik gestärkt. Beendet ist der Fall aber noch lange nicht.

Kurz nachdem der DFB die zweijährige Sperre für den 21 Jahre alten Kroaten wegen Epo-Dopings bekanntgegeben hatte, kündigte Vuskovics Verein Hamburger SV – wie erwartet – Berufung vor dem DFB-Bundesgericht an. Sollte dort das Urteil bestätigt werden, bliebe dem HSV-Innenverteidiger nur noch der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (Cas).

«Wir haben die Entscheidung des DFB-Sportgerichts zur Kenntnis genommen und nach einem Austausch mit Marios Anwälten sofort Einigkeit darüber erzielt, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird», wurde HSV-Sportvorstand Jonas Boldt in einer Mitteilung des Zweitligisten zitiert. «Wir werden uns nun in Ruhe mit der Urteilsbegründung auseinandersetzen.» Eine Woche bleibt der Vuskovic-Seite Zeit, Berufung einzulegen. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) teilte auf Anfrage mit, sie werde in der kommenden Woche entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlegt.

Strafmaß unter der Maximalsperre

Unter Anrechnung der Vorsperre muss der Verein vorerst bis zum 14. September 2024 auf das Talent verzichten. Immerhin blieb das Strafmaß unter der Maximalsperre von vier Jahren. Am 16. September 2022 war bei Vuskovic die Urinprobe entnommen worden. Er hat stets die Doping-Vorwürfe bestritten. 

In Deutschland hat es nach Nada-Kenntnis bisher keinen Fall im Fußball gegeben, bei dem Epo in einer Probe eines Spielers nachgewiesen wurde. Doch nicht nur deshalb ist der Fall spektakulär. Auch die rechtliche Dimension macht ihn außergewöhnlich. Längst ging es nicht mehr nur um die Frage, ob Vuskovic gedopt habe oder unschuldig sei.

Der Prozess hatte sich an den drei Verhandlungstagen vor dem Sportgericht unter dem Vorsitz von Stephan Oberholz zu einem Grundsatzstreit über die Epo-Analyse entwickelt: Auf der einen Seite stand die Wada, auf der anderen von Vuskovics Verteidigern aufgeführte Experten, die die seit 20 Jahren von der Wada praktizierte Methode in Zweifel ziehen.

Sportgericht schließt sich Wada-Haltung an

Bei dem SAR-PAGE-Verfahren der Wada wird per Augenschein überprüft, ob ein negativer oder positiver Befund vorliegt. Fast alle anderen Doping-Substanzen werden durch eine massenspektrometrische Methode aufgespürt. Hätte das DFB-Sportgericht Vuskovic freigesprochen, hätte dies kaum abzusehende Folgen für die Wada gehabt. Zahlreiche Urteile wegen Epo-Dopings hätten überprüft werden können. 

Doch am Ende schloss sich das Sportgericht klar der Wada-Haltung an. «Das DFB-Sportgericht ist im Ergebnis des Verfahrens mit hinreichender Gewissheit davon überzeugt, dass die Analysen der A- und B-Probe des Spieler-Urins im Labor in Kreischa das Vorhandensein von körperfremdem Erythropetin, kurz EPO, ergeben haben», wurde der Vorsitzende Oberholz in der DFB-Mitteilung zitiert. 

«Dabei handelt es sich um eine verbotene sogenannte ‘nicht-spezifische Substanz’, womit ein strafbarer Verstoß gegen die Anti-Doping-Vorschriften des DFB vorliegt», sagte der Sportrichter. Das Sportgericht und alle Beteiligten in diesem Verfahren seien an die weltweit geltenden Anti-Doping-Bestimmungen gebunden, insbesondere auch diejenigen der Wada.

Die Verteidigung habe «den Nachweis eines falschen Doping-Befundes nicht erbringen können», hieß es in der DFB-Mitteilung. Nach Ansicht des Sportgerichts verfügten «die Fachberater der Verteidigung in dem hier angewendeten Doping-Nachweisverfahren auch nicht über dieselbe hohe Bewertungskompetenz wie der Laborleiter in Kreischa, die EPO-Expertin aus Oslo und der gerichtlich bestellte Sachverständige in Kanada».

Gemeint sind Yvette Dehnes aus Norwegen und der vom Gericht beauftragte Sachverständige Jean-Francois Naud aus Quebec. Diese hatten das Ergebnis aus Kreischa geprüft und bestätigt. «Deshalb ist auch eine weitere Analyse, wie von der Verteidigung hilfsweise beantragt, aus unserer Sicht nicht mehr erforderlich», meinte Oberholz. 

Sperre trifft den HSV auch wirtschaftlich

Naud zählt zu einer acht Personen umfassenden Epo-Arbeitsgruppe der Wada. In der sitzt auch Kreischas Laborleiter Sven Voss, Vorsitzende des Gremiums ist Yvette Dehnes. Durch diese Verquickung hatte die Vuskovic-Verteidigung eine Unvoreingenommenheit angezweifelt.  Bei der letzten mündlichen Verhandlung am 17. März in Frankfurt/Main hatte Anwalt Joachim Rain keinen Grund für eine Verurteilung gesehen: «Wir beantragen Freispruch, weil Mario Vuskovic nicht gedopt hat.» 

Dass Vuskovic nicht mit der Höchststrafe von vier Jahren belegt worden sei, begründete das Sportgericht damit, dass der Spieler Ersttäter sei und der Analysebefund nur eine geringe Menge an Epo ergeben habe, «so dass nicht von einem strukturierten Doping ausgegangen werden kann». Die Auswirkungen einer langen Sperre würden einen 21 Jahre alten Mannschaftssportler zudem intensiver als einen Einzelsportler treffen, auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Sportlich, aber ebenso wirtschaftlich trifft die Sperre auch den HSV. Vuskovic war 2021 für 1,2 Millionen Euro von Hajduk Split ausgeliehen und im vergangenen Sommer für drei Millionen Euro fest verpflichtet worden. Bis zu seiner Sperre war er in dieser Saison in der Abwehr der Hamburger gesetzt. Er gilt beim Hamburger SV als Investition in die Zukunft. 

Claas Hennig und Andreas Schirmer, dpa