24. November 2024

Sport Express

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Nach Ausraster: Nagelsmann will «nicht auf jedes Titelblatt»

Nach über 80 Minuten in Unterzahl verlor der FC Bayern München bei Angstgegner Mönchengladbach mit 2:3. Nun droht der Verlust der Tabellenführung. Trainer Julian Nagelsmann war sehr angefressen.

Julian Nagelsmann stapfte entschlossenen Schrittes aus der Kabine. Schon von Weitem war zu erkennen, dass es in dem Trainer des FC Bayern München brodelte. Es warteten eine Menge Journalisten im Gang, doch es war ihm in dieser Sekunde offenbar egal, dass sie alles hören würden.

«Das ist doch ein Witz, will der mich verarschen oder was?», rief Nagelsmann nach dem 2:3 bei Angstgegner Borussia Mönchengladbach deutlich verständlich und klopfte entschlossen an die Tür zur Schiedsrichter-Kabine. Als er nach rund zwei Minuten wieder herauskam, fluchte er ebenfalls für alle laut hörbar in der Mixed Zone.

Nagelsmann entschuldigt sich bei Welz

Im Interview von ZDF und Sport1 darauf angesprochen, dass er dabei «weichgespültes Pack» gesagt haben soll, sagte Nagelsmann: «Ja, aber damit meine ich ja nicht immer die Schiedsrichter.» Bei Twitter entschuldigte er sich jedenfalls beim Unparteiischen Tobias Welz, dessen frühe Rote Karte gegen Bayern-Abwehrspieler Dayot Upamecano (8. Minute) Nagelsmanns Zorn ausgelöst hatte. 

«Emotionen gehören zum Sport dazu», schrieb er: «Und angesichts der Roten Karte musste ich mir nach dem Spiel Luft machen. Allerdings muss ich mich für die Wortwahl gegenüber dem Team rund um Tobias Welz entschuldigen. Da bin ich leider eindeutig zu weit gegangen.»

Auf der Pressekonferenz bat er schließlich darum, durch seine Aussagen nicht zum Haupt-Gesprächsthema zu werden. «Natürlich habe ich mich in der Mixed Zone aufgeregt. Aber bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen», sagte er dort: «Es gibt Emotionen in diesem Sport, davon lebt er auch. Es ist nicht alles richtig, was ich sage oder vor mir gebe. Deshalb nicht 18 Nachfragen und nicht auf jedes Titelblatt bitte.»

Das wird sich schwer vermeiden lassen – obwohl schon die sportliche Situation beim FC Bayern genügend Zündstoff birgt. Denn nach der Niederlage nach mehr als 80-minütiger Unterzahl droht den Bayern 13 Spiele vor dem Saisonende der Sturz von der Tabellenspitze, falls Union Berlin an diesem Sonntag daheim gegen Schlusslicht FC Schalke 04 gewinnt. Zudem könnte Borussia Dortmund mit einem Heimerfolg gegen den Vorletzten Hertha BSC aufschließen. In Gladbach sind die Münchner jetzt seit fünf Pflichtspielen ohne Sieg, vier davon verloren sie bei 6:14 Toren.  

«Auf keinen Fall» habe Welz das Spiel entschieden, sagte Nagelsmann nachher. Dennoch ärgerte er sich über die Reaktion des Schiedsrichters, der nach dem Spiel keine Interviews geben wollte. «Ich würde mir einfach wünschen, dass ein Schiedsrichter dann auch mal sagt, es war nicht richtig. Wie ich als Trainer auch sage, gewisse Dinge funktionieren nicht, war mein Fehler», sagte er bei Sky: «Das ist auch ein Mensch, der Fehler macht. Das kann mir keiner erzählen, dass das eine Rote Karte ist. Einfach sagen, es ist nicht richtig, und dann auch ist gut.»

Der Gladbacher Alassane Pléa war im Laufduell mit Upamecano zu Fall gekommen. «Wenn ich Foul pfeife, erfüllt es den Tatbestand der Notbremse», sagte Nagelsmann: «Aber es war einfach kein Foul.» Man habe die Aktion in mehreren Standbildern beobachtet. Pléas Schulter, an der es den Kontakt gab, habe sich «keinen Millimeter bewegt». Upamecano habe es sogar noch «clever gemacht. Er zieht weg. Pléa stolpert über seinen Körper drüber.»

Gladbachs Hofmann mit drei Scorern

In den 82 Minuten danach spielten die zehn Münchner nicht schlecht. Nach dem Rückstand durch Gladbach-Kapitän Lars Stindl (13.) kamen sie durch Eric Maxim Choupo-Moting (35.) zum Ausgleich. Der überragende Jonas Hofmann (55.), der die anderen beiden Treffer vorbereitete, und Marcus Thuram (84.) schossen die in diesem Jahr eher enttäuschenden Gladbacher aber zum Sieg, der die Tür nach Europa offen hält. Mathys Tel verkürzte in der dritten Minute der Nachspielzeit. 

Eine weitere bitte Randnote für die Bayern war die frühe Auswechslung von Thomas Müller. Ausgerechnet der Ex-Weltmeister, der das Team als Kapitän auf den Platz geführt hatte und mit 429 Bundesliga-Einsätzen für die Bayern nun mit Oliver Kahn Platz zwei hinter Rekordspieler Sepp Maier (473) einnimmt, musste nach einer Viertelstunde beim taktischen Wechsel wegen des Platzverweises weichen. «Eine beschissene Entscheidung, das tut mir auch leid für den Thomas», sagte Nagelsmann. 

Müller selbst schien zunächst etwas sagen zu wollen. Er stellte sich schon vor die Journalisten und holte tief Luft. Dann wartete er aber keine Frage ab, sagte nur: «Scheiß Spielverlauf. Ciao.» Und ging.

Holger Schmidt, dpa