24. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Party nach Pandemie: Britische Sause nach chaotischen Jahren

Die vergangenen beiden Darts-Weltmeisterschaften waren geprägt von Corona. Erst fehlten Zuschauer, dann wurden mehrere Stars durch positive Tests aus der WM genommen. Diesmal soll alles anders werden.

Diesmal soll nichts mehr stören. Nach zwei massiv durch die Corona-Pandemie beeinflussten Weltmeisterschaften bereitet sich die feierwütige Darts-Welt auf eine Rückkehr zur Normalität vor.

Normalität, das bedeutet ab Donnerstag (20.00 Uhr/Sport1 und DAZN) im Alexandra Palace von London eher Wahnsinn: Teletubby trifft Queen Mom, Superman trinkt mit Grinch und bis zu 3000 Fans feiern mit reichlich Alkohol, Gesängen und Gegröle. Die pandemiebedingten Einschränkungen in den vergangenen beiden Jahren passten kaum zu einem Event, das oft mindestens so viel Show und Inszenierung ist wie Sport.

Der Darts-Sport nach der Corona-Pandemie

Die Stars der Szene sind froh, dass im Jahr 2022 endgültig wieder Normalität eingekehrt ist. So auch Weltmeister Peter Wright, der mit seinem bunten Look sinnbildlich für das verrückte Spektakel an der Scheibe steht. «Wir sind alle super dankbar, Darts spielen und wieder durch die Welt reisen zu können. Als ich vor zwei Jahren die EM gewann, waren 150 Leute da. Die waren atemberaubend, aber es waren nur 150», sagte der Schotte der Deutschen Presse-Agentur vor der WM, die bis 3. Januar dauert.

Den WM-Titel 2021 holte der Waliser Gerwyn Price vor Geisterkulisse, weil die britische Regierung harte Corona-Maßnahmen verhängt hatte. Ein Jahr später war dann für das Publikum schon vieles gelockert, dafür erwischte es Spieler um Spieler mit positiven Tests. Topfavorit Michael van Gerwen (Niederlande) und der Engländer Dave Chinsall verloren ihre Titelchance, weil das Hygienekonzept nur unzureichend griff. Der Weltverband PDC verschanzte sich und kommunizierte in der Krise kaum. «Es hat alle sprachlos gemacht, was da passiert ist», beschreibt Max Hopp die Zustände aus dem Vorjahr.

Diesmal dürfte es wieder um den Sport gehen, den Deutschlands Bester Gabriel Clemens in der «Süddeutschen Zeitung» als «permanentes Elfmeterschießen» bezeichnete. «Es geht hin und her, eins gegen eins, das macht den Reiz aus», sagte Clemens. Auch in Deutschland dürften die TV-Quoten zwischen den Jahren ordentlich ansteigen, wenn nach der Fußball-WM und vor der Bundesliga-Rückkehr auch kaum Wintersport geboten wird und das Pfeilewerfen in der britischen Hauptstadt zu einer der wenigen Livesport-Attraktionen wird.

Clemens und Co. sind die ganz großen Erfolge bei der WM bislang schuldig geblieben. Zwar schlug der «German Giant», wie Clemens genannt wird, vor zwei Jahren Paradiesvogel Wright, doch einen Viertelfinal-Einzug gab es beim wichtigsten Turnier der Welt noch nie. Und so wirklich Hoffnung, dass zum Start in 2023 ein echter sportlicher Coup gelingt, gibt es auch diesmal nicht. 

Der an Position 25 gesetzte Clemens kommt aus einem schwachen Jahr. Martin Schindler hat bei der WM bisher noch keinen Sieg eingefahren, der frühere Handballer Florian Hempel könnte schon in Runde zwei auf Mitfavorit Luke Humphries treffen. «Es ist ein Fortschritt erkennbar, die Entwicklung geht immer weiter. Inwiefern das für ganz oben und die Weltspitze reicht, das wird sich zeigen», sagte Hempel. Andere in der Szene werden da deutlicher. Spitzenspieler van Gerwen fordert in aller Deutlichkeit: «Sie müssen sich steigern.»

Clemens könnte auf 18-jährige Beau Greaves treffen

In den Fokus der großen Öffentlichkeit dürften wieder einmal die Frauen rücken, die sich bei der WM in direkten Duellen mit Männern messen. Vor drei Jahren sicherte sich Fallon Sherrock zwei Siege und schrieb damit Geschichte. Diesmal dürfte es auch um die erst 18 Jahre junge Beau Greaves gehen, die auf der Frauen-Tour überragt und nun schon in Runde zwei auf den deutschen Primus Clemens treffen könnte. «Ich fürchte niemanden, denn allein schon dabei zu sein, ist ein Bonus», sagte Greaves.

Weitere Einzelsiege für Greaves, Sherrock und Lisa Ashton scheinen möglich, die großen Titelanwärter sind aber andere. Titelverteidiger Wright, Primus Price und der langjährige Dominator van Gerwen werden allen voran genannt, wenn es um die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy geht. «Ich will die Trophäe und meine Punkte verteidigen, denn ich möchte den ersten Platz behalten», sagte Price vorab bei Sport1. 

Um besinnliche Feiertage zu haben, müssen die Favoriten in London zunächst eine erste Hürde nehmen. Für Wright geht es bereits an diesem Donnerstag los, die weiteren Anwärter starten in der kommenden Woche. «Das Wichtigste ist, das erste Spiel zu überstehen. Das ist das Schwierigste, aber wenn man das überstanden hat, kann man Weihnachten genießen», fügte Price an.

Patrick Reichardt, dpa