Der Topstar bleibt zu Hause, ein Mini-Team vertritt Deutschland bei der WM: Während seine Schwimmkollegen im sommerlichen Melbourne bei den Kurzbahn-Weltmeisterschaften um Medaillen kämpfen, trainiert Olympiasieger Florian Wellbrock im eisigen Magdeburg.
Nach der Grundausbildung bei der Bundeswehr verzichtet der 25-Jährige auf den Trip ins australische Schwimm-Mekka, um die Basis für die Höhepunkte des kommenden Jahres zu legen. Die größten Medaillenhoffnungen des nur achtköpfigen deutschen Teams trägt WM-Silbergewinnerin Anna Elendt. Die Titelkämpfe finden in komplizierten Zeiten des Deutschen Schwimm-Verbandes statt.
Suche nach einem Bundestrainer
Es ist noch keinen Monat her, da verzichtete der bisherige Präsident Marco Troll auf eine erneute Kandidatur für das Amt. Wieder einmal war eine vom Vorstand geplante Erhöhung der seit vielen Jahren gleichbleibenden Mitgliedsbeiträge gescheitert. «Es geht eigentlich nicht mehr ohne», sagt Leistungssportdirektor Christian Hansmann der Deutschen Presse-Agentur. «Die Inflation wirkt überall, auch wir als Verband haben dadurch höhere Kosten zu tragen. Wir können uns aber nicht noch weiter zurückschrauben und noch weiter sparen. Dann sparen wir uns kaputt.»
Was es bedeutet, mit im internationalen Vergleich kleinem Etat zu arbeiten, merkte Hansmann zuletzt bei der Suche nach einem Bundestrainer für den seit Jahren verbesserungswürdigen Kurzstreckenbereich. Weil er auch aus finanziellen Gründen keinen geeigneten internationalen Experten von einem Wechsel nach Deutschland überzeugen konnte, soll nun eine Arbeitsgruppe aus DSV-Trainern eine Strategie für die kurzen und mittleren Strecken mit Blick auf die Olympischen Spiele in Paris 2024 entwickeln. Zudem will der Verband Anfang des kommenden Jahres die vakante Stelle des Chefbundestrainers neu ausschreiben. Zur Kurzbahn-WM, bei der an diesem Dienstag die ersten Medaillen vergeben werden, ist das deutsche Team ohne Bundestrainer gereist.
Hoffnungsträgerin Anna Elendt
Hansmann fühlt sich und seinen Zuständigkeitsbereich von den Landesverbänden mitunter im Stich gelassen. «Ich empfinde es persönlich so, dass man in den Landesverbänden den Leistungssport derzeit nicht weiter fördern will. Das ist für mich als Direktor Leistungssport natürlich schade, dass es hier keinen Schulterschluss gibt», sagt er. «Offenbar ist nicht jedem klar, dass ohne Vorbilder aus dem Leistungssport am Ende auch der Breitensport leidet.»
Eines der von Hansmann angesprochenen Vorbilder könnte Anna Elendt sein. Die 21-Jahre alte Brustschwimmerin überzeugte zuletzt nicht nur im Becken mit starken WM-Rennen, Edelmetall und deutschen Rekorden. Die Frankfurterin, die in den USA lebt und trainiert, tritt auch abseits des Wassers locker auf. «Verkrampft zu sein, nimmt ja auch den Spaß», sagt Elendt und lacht. «Und wenn ich glücklich bin, dann schwimme ich auch schnell.»
Sie hat das Zeug dazu, junge Schwimmerinnen und Schwimmer zu inspirieren. Über soziale Netzwerke steht Elendt in regem Austausch mit Fans, beantwortet Fragen zu ihren Trainingsmethoden und dem Leben in Texas. Auf dem langen Flug nach Melbourne habe sie genug Zeit gehabt, zahlreiche Nachrichten zu beantworten, berichtet Elendt in einer Medienrunde des DSV. Sollte sie im schwimmverrückten Australien erneut erfolgreich sein, dürfte auch die Rückreise kommunikationsintensiv werden – und dem Verband würden gute sportliche Nachrichten auch guttun.
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