Kameruns Trainer Rigobert Song umarmte seine Spieler und freute sich verhalten über den glücklichen Sieg gegen den Rekord-Weltmeister, Eric Maxim Choupo-Moting dagegen starrte teilnahmslos ins Leere. Trotz des späten 1:0 (0:0)-Erfolgs gegen Brasiliens B-Auswahl sind die Westafrikaner mal wieder in der Vorrunde einer Fußball-WM gescheitert – obwohl sie als erste afrikanische Mannschaft bei einer WM-Endrunde Brasilien geschlagen haben.
«Es ist eine junge Mannschaft. Wir brauchen Erfahrung. Im ersten Spiel haben wir es verpatzt», sagte Song nach der Partie. «Heute bin ich stolz auf meine Spieler. Dennoch sind wir natürlich enttäuscht, aber wir können daran wachsen. Wir fahren mit Bedauern, aber wir fahren, um wiederzukommen.»
Sein Kollege Tite nahm die Niederlage mit seiner auf neun Postionen veränderten Mannschaft unerwartet schwer. «Ich bin nun der erste Trainer, der mit Brasilien bei einer WM gegen eine afrikanische Mannschaft verloren hat», sagte er: «Das ist nun Teil meiner Geschichte.»
Gelb-Rot für Aboubakar
Vincent Aboubakar sicherte Kamerun am Freitagabend mit seinem späten Kopfballtor (90.+2) den schmeichelhaften 1:0 (0:0)-Erfolg gegen den Rekord-Weltmeister. Weil der Torschütze sich beim Jubeln das Trikot auszog, sah er seine zweite Gelbe Karte im Spiel – folglich Gelb-Rot.
Während Kamerun bei der achten WM-Teilnahme zum siebten Mal in der Vorrunde scheiterte, wollen die Brasilianer am kommenden Montag (20.00 Uhr) gegen Südkorea ihren nächsten Schritt auf dem angepeilten Weg zum sechsten WM-Titel machen. Ob der weiterhin verletzte Neymar dann wieder dabei ist, bleibt offen. Im Laufe des Wochenendes will sich Nationaltrainer Tite zum Zeitpunkt der Rückkehr seines Fußball-Superstars äußern.
«Das wird ein anderes Spiel gegen Südkorea und wir werden eine andere Mannschaft auf dem Platz haben», sagte Kapitän Dani Alves: «Jetzt kommt die Phase, wo man keinen Fehler mehr machen darf. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, das ist das, was wir heute gelernt haben.»
Alves ältester eingesetzter WM-Spieler
Was die Brasilianer vor 85.986 Zuschauern aufboten, hatte mit der Stammelf überhaupt nichts mehr zu tun. Nationaltrainer Tite veränderte sein Team im Vergleich zum 1:0 gegen die Schweiz auf neun Positionen, selbst Ersatztorwart Ederson bekam seine ersten Einsatzminuten beim Turnier in Katar.
Und dann war da ja auch noch Alves, der im Alter von 39 Jahren sein Team als Kapitän anführte und somit zum ältesten eingesetzten Spieler der Seleção bei einer WM wurde. Doch trotz aller Rotation: die Brasilianer dominierten auch gegen Kamerun das Spiel.
Auffälligster Spieler war Flügelstürmer Gabriel Martinelli, der mit dem FC Arsenal in der englischen Premier League eine bislang überragende Saison spielt. Mit seiner Geschwindigkeit stellte er die rechte Abwehrseite der Afrikaner immer wieder vor Probleme. Auch die erste Großchance des Spiels gehörte dem 21-Jährigen. Nach einer Flanke von Fred aus dem Halbfeld lenkte Kameruns Torhüter Devis Epassy seinen Kopfball aber gerade noch über das Tor (14.). Auch einen Distanzschuss des Tempodribblers (45.+1) wehrte der Torwart ab.
Bayerns Choupo-Moting weitgehend unauffällig
Wirklich Fahrt nahm das Spiel aber nicht auf. Die Brasilianer mussten nicht, Kamerun konnte nicht. Wie schon in den bisherigen Vorrundenspielen ließ auch die Ersatzabwehr der Seleção kaum etwas zu. Was auch daran lag, dass die Kameruner, obwohl sie noch die theoretische Chance auf die K.o.-Runde hatten, nach vorne äußerst ideenlos agierten. Auch Bayern-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting blieb weitgehend unauffällig.
Wenn sich jemand dem gegnerischen Tor annäherte, dann vor allem der Rekord-Weltmeister. Zumindest bis kurz vor der Pause. Da stand nach einer Flanke plötzlich Bryan Mbeumo (45.+3) frei vor Ederson, scheiterte aber ebenfalls per Kopfball am Torwart.
Das war die erste Großchance, die Brasilien bei diesem Turnier zuließ. Ansonsten agierte die neu zusammengestellte Innenverteidigung um Éder Militão und Bremer souverän. Und in der Offensive näherten sich die Brasilianer dem Führungstreffer an. Zunächst scheiterte der starke Martinelli (56.) wieder im Privatduell mit Epassy. Dann konnte auch Éder Militão (57.) den Schlussmann per Flachschuss nicht überwinden.
Everton schießt knapp vorbei
Das Ersatzteam der Seleção musste sich nur eines vorwerfen: ihre mangelhafte Chancenverwertung. Ohne den am Fuß verletzten Neymar oder die geschonten Angreifer Richarlison und Vinicius Júnior fehlte es beim Torabschluss an der Effizienz. Auch der eingewechselte Everton Ribeiro (84.) traf das Tor nicht, sondern schoss nach schöner Vorarbeit von Raphinha knapp vorbei.
Dann traf Aboubakar in der Nachspielzeit doch noch zum Sieg – und musste direkt danach für seinen Jubel runter. Für das Weiterkommen reichte es nicht mehr.
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