Mit einem Urschrei entluden sich die ganze Anspannung und Freude. Lukas Dauser hat bei den Turn-Weltmeisterschaften in Liverpool den hohen Erwartungen standgehalten und wie bei den Olympischen Spielen Silber am Barren gewonnen.
Der 29 Jahre alte Unterhachinger musste sich am Sonntag mit 15,50 Punkten nur dem Chinesen Zou Jingyuan (16,166) geschlagen geben. Carlos Yulo von den Philippinen wurde Dritter mit 15,366 Zählern. «Ich kann das noch gar nicht richtig glauben», sagte Dauser anschließend. «Vizeweltmeister – das fühlt sich noch ganz unrealistisch an.»
Der WM-Elfte im Mehrkampf sorgte damit zum Abschluss der Titelkämpfe in der M&S Bank Arena für die einzige Medaille für den Deutschen Turner-Bund (DTB), nachdem Elisabeth Seitz am Vortag als Vierte am Stufenbarren knapp einen Podestplatz verpasst hatte.
Die Stuttgarterin, die am Freitag 29 Jahre alt geworden war, hatte sich nach einer Coronavirus-Infektion an zwei Geräten gerade noch rechtzeitig fit machen können für diese Titelkämpfe. Als Achte in die Entscheidung gekommen, konnte sich die WM-Dritte noch einmal deutlich nach vorn schieben und zeigte sich angesichts der Umstände «glücklich» über ihr Abschneiden.
Seitz will «etwas Neues auszuprobieren»
Für die Zukunft plant die Lehramtsstudentin, den Ausgangswert ihres Vortrags, der aktuell bei 6,10 Punkten liegt, noch einmal zu erhöhen. Bundestrainer Gerben Wiersma habe ihr dafür ein paar Anregungen gegeben, «ich habe richtig Lust, mal wieder etwas Neues auszuprobieren». Mit Blick auf die Olympischen Spiele in Paris peilt die deutsche Rekordmeisterin auch wieder einen Vierkampf an. «Gerade Boden macht mir immer sehr viel Spaß», sagte Seitz.
Die Füße, die ihr seit Jahren Probleme bereiten, konnten sich durch eine lange Pause nach den Olympischen Spielen in Tokio und der reduzierten Belastung in den vergangenen Monaten erholen. «Wir sind wieder Freunde geworden», sagte Seitz mit einem breiten Grinsen.
Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen hatten die Riegen des Deutschen Turner-Bundes (DTB) den Sprung in die Mannschaftsfinals nicht gepackt. Doch vor allem die junge Truppe um Seitz hatte einen Mut machenden, stabilen Auftritt gezeigt. Nach den Ausfällen der Kölnerin Sarah Voss und der WM-Zweiten am Schwebebalken, Pauline Schäfer, sowie dem Karriereende der Stuttgarterin Kim Bui bestand das Team bis auf die erfahrene Kapitänin nur aus Debütantinnen. So reichte es nur für den zwölften Platz.
Karina Schönmaier aus Bremen rutschte nachträglich ins Mehrkampffinale und schloss ihre Premiere auf dem 22. Platz ab, was für die 17-Jährige einen Erfolg bedeutete. Schwebebalken-Europameisterin Emma Malewski war nach einer Verletzung an den Zehen und einem damit verbundenen Trainingsrückstand noch nicht wieder auf dem Niveau der kontinentalen Titelkämpfe im Sommer.
Auch bei den Männern, die Neunter wurden, war die Auswahl um Dauser in personeller Hinsicht geschwächt gewesen. EM-Teilnehmer Lucas Kochan aus Cottbus und der frühere WM-Finalist an den Ringen, Nick Klessing, standen wegen Corona-Infektionen nicht zur Verfügung. Die Teilnahme am Teamfinale verhinderten zu viele Stürze, darunter zwei von Vorturner Dauser am Reck und am Pauschenpferd.
Dennoch blicken die Verantwortlichen des DTB optimistisch in Richtung Olympia-Qualifikation. DTB-Präsident Alfons Hölzl zog eine positive WM-Bilanz. Neben Dausers Medaille und dem «sehr guten» vierten Platz von Seitz am Barren «war es sehr erfreulich, dass wir hier mit jungen Mannschaften an den Start gegangen sind, die stabil geturnt haben und hoch motiviert sind. Da ist großes Potenzial vorhanden, und wir können optimistisch auf die Qualifikation zu den Olympischen Spielen schauen». Die jeweils noch verbleibenden acht Tickets für die Reise 2024 nach Paris werden bei den Weltmeisterschaften im nächsten Herbst im belgischen Antwerpen vergeben.
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