Die Teamkleidung für die Siegerehrung hatte Alexandra Burghardt vorsichtshalber nicht eingepackt. Und so musste sich die deutsche Sprinterin eben ohne Ausgehanzug ihre Goldmedaille für den Sieg mit der 4×100-Meter-Staffel bei der EM abholen.
Schon bei der WM zuletzt in den USA hatte Burghardt nichts extra dabei, dort gab es Bronze. Ein bisschen Aberglaube war in München wohl schon mit im Spiel, wie sie nach dem goldenen Abschluss für das deutsche Leichtathletik-Team bei den Heim-Europameisterschaften erzählte.
Drei internationale Medaillen in einem Jahr
Die mit den Schnürsenkeln zusammengebundenen Spikes baumelten von Burghardts Schulter, als sie an der Seite von Doppel-Europameisterin Gina Lückenkemper zurückblickte. «Was seit dem letzten Jahr passiert ist, da könnte man wirklich ein Buch drüber schreiben. Ich bin super dankbar, dass ich das erleben durfte», sagte die 28-Jährige aus dem bayerischen Burghausen.
Bei den Olympischen Winterspielen in Peking gab es als Anschieberin im Bob von Mariama Jamanka Silber. Vor zwei Monaten musste Burghardt wegen muskulärer Probleme bei den deutschen Meisterschaften in Berlin passen, nun hat sie einen kompletten Satz an Plaketten. «Eine internationale Medaille ist schon sehr emotional und Wahnsinn, und jetzt drei in einem Jahr ist echt fantastisch», sagte sie.
Ziele laut aussprechen – Kopf entscheidend
Mehr spaßeshalber hatte Burghardt im kleineren Kreis darüber gesprochen, weil sie daran glaubte, dass es möglich sei. Heimlich, still und leise will sie das künftig nicht mehr tun, sondern ihre Ziele deutlich aussprechen, auch wenn ihr das nach eigenen Worten eigentlich gar nicht so leicht fällt.
«Wenn man international guckt, ist das ganz oft so, dass man seine Ziele kommuniziert und sich nicht dafür schämt oder Angst hat, zu viel zu sagen», erklärte Burghardt. Sie selbst traue sich auch nicht, Dinge klar und deutlich auszusprechen. Es sei der erste Schritt, etwas für möglich zu halten, um es dann auch möglich zu machen, erklärte die deutsche Doppelmeisterin des Vorjahres.
Was ein starker Kopf und der Glaube an die eigene Stärke ausmachen, bewies auch Speerwerfer Julian Weber zuvor bei seinem EM-Triumph trotz Schmerzen in Schulter und Rücken. «Ich habe es wirklich gewollt heute und habe es gemacht», sagte der in Kürze 28 Jahre alt werdende Mainzer nach seinem bisher größten Erfolg.
Glaube trägt Deutschland zu erfolgreicher EM
Die Siege von Weber und der Frauen-Staffel waren die EM-Titel sechs und sieben für die Gastgeber. Nach insgesamt 16 Medaillen hat das bei den Weltmeisterschaften im Juli noch so enttäuschende deutsche Team als die Nummer eins in der europäischen Leichtathletik wieder Grund zu neuem Selbstbewusstsein.
Dafür stehen Typen wie Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre, der offen davon spricht, den in einer eigenen Sphäre schwebenden schwedischen Weltrekordler Armand Duplantis attackieren zu wollen. Oder Hindernisläuferin Lea Meyer, die sich nach EM-Silber vornahm, ihren Ausreißer nach oben nun zu bestätigen.
Die WM in einem Jahr in Budapest sowie 2024 die EM in Rom und Olympia in Paris werden zeigen, ob das jenseits der fantastischen Heimatmosphäre und auch gegen eine größere Konkurrenz gelingt. Burghardt verteidigte den Fokus vieler im Team auf die EM in München. «Ich glaube, man hat jetzt gesehen, worauf wir uns vorbereitet haben und auch warum», sagte sie ganz und gar nicht schüchtern.
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