Mit zittrigen Händen und fahlem Gesicht erklärte der körperlich schwer mitgenommene Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler sein Scheitern bei der desaströsen Heim-EM. Kraft für eine scharfe Attacke am Deutschen Ruderverband hatte er aber noch genug.
«Wenn man nach meiner Kritik an der Professionalität im Leistungsrudersport einfach sagt, dass man nicht weiß, worüber man spricht, dann ist das auch so ein Indiz dafür, dass einerseits der deutsche Sportdirektor vom Sport wirklich wenig Ahnung hat, und zweitens unsere beiden Leitungspositionen im Rudersport eigentlich überhaupt keine Ahnung haben, was bei unseren Stützpunkten abgeht», sagte Zeidler nach der verpassten Medaille im Einer bei den European Championships in München.
Nur eine Medaille – Zeidler Vierter statt Gold
Bronze durch die 20-jährige Alexandra Föster war die einzige deutsche Medaille in einer olympischen Bootsklasse. Zeidlers vierter Rang beim Sieg des Niederländers Melvin Twellaar machte das DRV-Debakel am Tag nach dem ebenfalls nur auf Rang vier ins Ziel gekommenen Deutschland-Achters endgültig perfekt. Einen Monat vor den Weltmeisterschaften in Tschechien ist der Frust bei den Protagonisten riesengroß. Dass das Team wegen mehrerer Corona-Fälle mit einer dezimierten Flotte starten musste, taugte nicht als Erklärung.
«Bis 1600, 1700 Meter war es genau das Rennen, das ich mir vorgenommen hatte. Dann bin ich einfach geplatzt», sagte Zeidler, der mit Eisbeuteln und Trinkflaschen auf dem Boden hockend versuchte, Schwindel und Kopfweh wieder Herr zu werden. «Ich war blau ohne Ende, es ging einfach nichts mehr.»
50 Jahre nach dem Ruder-Olympiasieg von Großvater Hans-Johann Färber auf derselben Anlage hatte Zeidler eine ganz besondere Familiengeschichte mit einer eigenen Goldmedaille abrunden wollen. Vergeblich bangte der Opa am Rand der Regattastrecke in Oberschleißheim mit. «So wie er die Strecke als sein Wohnzimmer bezeichnet, wenn man dann so eine Niederlage einstecken muss, ist das sicher hart», sagte der 75-Jährige.
Föster verblüfft und übt leise Kritik
Überglücklich war dagegen Föster, die vor fünf Wochen mit ihrem Sieg beim Weltcup-Finale in Luzern die Fachwelt verblüfft und wenig später die U23-WM gewonnen hatte, nach ihrem dritten Rang dank eines starken Endspurts beim Einer-Sieg der Niederländerin Karolien Florijn. «Das ist schon ein ganz schöner Sprung», sagte die Sportlerin aus Meschede über ihren steilen Aufstieg.
Vergeblich fieberte auch sie beim bitteren Zeidler-Rennen mit. «Das tut mir wirklich leid für ihn. Für ihn ist es hier in München was ganz besonderes, weil er hier herkommt», sagte die 20-Jährige. Auch bei ihr klang mit vorsichtigen Worten Kritik an der Situation im deutschen Rudersport an. «Ich will mir jetzt nicht anmaßen, irgendwelche Strukturen zu kritisieren, weil ich auch nicht tief genug drin stecke», sagte Föster. «Aber dass irgendwas schief läuft, ist glaube ich offensichtlich.»
Am Tag zuvor hatte bereits der Deutschland-Achter eine Lehrstunde beim Sieg von Großbritannien bekommen. «Die Briten haben gezeigt, wie das Achterfahren geht. Wir haben es leider anders gemacht und dann bekommt man einen übergebrezelt», sagte Schlagmann Torben Johannesen. «Wir haben nicht die Traute gehabt. Man muss manchmal auf gut Deutsch gesagt auch abgewichst sein», sagte der kurzfristig nach dem Ausfall von Mattes Schönherr zum Schlagmann ernannte Hamburger. Bundestrainer Uwe Bender setzt in einem «Lern- und Lehrjahr» große Hoffnungen in das Trainingslager, in dem die Crew von Montag an arbeitet.
Das gilt auch für die anderen Athleten. Das Abschneiden bedeute auch eines, sagte Bundestrainerin Brigitte Bielig: «Training, Training, Training.» Gegen die Kritik von Zeidler hatte sie sich bereits gewehrt. «In Teilen hat er recht, aber insbesondere den Vorwurf der Unprofessionalität halte ich für viel zu hart. Mit seiner Art der Kritik macht er uns als Verband das Leben nicht leichter», hatte sie gesagt.
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