23. November 2024

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«Bin die Mama»: Maria als zweifache Mutter so gut wie nie

Tatjana Maria steht erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier im Achtelfinale. Als wichtigen Faktor sieht die 34-Jährige ihre Familie. Dabei trainiert «der nächste Champion» schon an ihrer Seite.

Ehemann und Trainer Charles-Edouard fiebert auf der Tribüne mit, Tochter Charlotte jubelt vor dem Fernseher auf der Trainingsanlage. Der außergewöhnliche Erfolg von Tatjana Maria in Wimbledon ist auch eine ganz besondere Familiengeschichte.

Im 35. Anlauf steht die 34-Jährige erstmals in ihrer langen Karriere bei einem Grand-Slam-Turnier im Achtelfinale – und sieht ihre Liebsten und ihre eigene Rolle als zweifache Mutter als wichtigen Faktor.

«Vielleicht denkt man als Mama ein bisschen anders, mein Fokus ist bei meinen Kindern», berichtete Maria nach ihrem überraschenden Drittrunden-Erfolg gegen die Weltranglisten-Fünfte Maria Sakkari aus Griechenland. «Ich gehe nachher da rüber, hole meine Kinder aus der Kinderbetreuung und bin die Mama. Für die hat sich nichts geändert, egal ob ich gewinne oder verliere.»

Tochter Charlotte steht auch auf dem Platz

Erstmals spielt Maria nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Cecilia vor 15 Monaten wieder beim Rasen-Klassiker und ist so gut wie nie zuvor. «So stolz auf dich», gratulierte die frühere Finalistin Sabine Lisicki zum Erfolg. «So stark Tadde», schrieb die deutsche Damen-Chefin Barbara Rittner der viele Jahre auch in der DTB-Auswahl aktiven Maria.

Die ältere Tochter Charlotte hat die sportliche Leidenschaft ihrer Mutter bereits übernommen. Am Tag des Achtelfinal-Einzugs stand zunächst um halb neun Hallen-Training von Charlotte auf dem Programm, danach schlug sich die Mama für ihre Partie ein.

Wenn Maria in Wimbledon trainiert, wuselt auch Charlotte gerne mit dem Schläger über den Platz. Die Weltranglisten-Zweite Ons Jabeur liebe es, mit der Achtjährigen zu spielen, erzählt Maria und schwärmt von ihrer Tochter: «Sie wird der nächste Champion sein.»

Maria überrascht mit unmodernem Spielstil

Selbst entnervt Maria die Gegnerinnen mit ihrem unkonventionellen Spielstil, der im modernen Tennis eigentlich aus der Mode gekommen ist. Sie spielt sowohl mit der Rück- als auch mit der Vorhand sehr viele unterschnittene Bälle, die besonders auf Rasen flach abspringen. «Ich weiß, dass alle gestresst sind auch schon vor dem Match», sagt sie mit einem Lachen. «Deshalb ist es für mich ein Vorteil vor allem hier auf Rasen, dass ich weiß, dass ich auf jeden Fall weh tun kann und mich alle als Gegnerin mit Respekt behandeln.»

Mit diesen Slice-Bällen rückt Maria gerne bei gegnerischem Aufschlag schnell vor ans Netz, um Druck aufzubauen. Spannend wird im Achtelfinale, wie die äußerst aggressiv spielende einstige French-Open-Siegerin Jelena Ostapenko aus Lettland, die an Nummer zwölf gesetzt ist, damit zurechtkommen wird.

Maria setzt sich für Familienrechte ein

Ihr Mann, der Maria auch trainiert, wird für das Achtelfinale wie gewohnt die Taktik entwerfen. Ihr Einfluss auf die Tennisszene geht dabei über den sportlichen Erfolg hinaus. Seit längerem engagiert sich die in Bad Saulgau geborene Spielerin, die sich in Florida auch mit Nachbarin Serena Williams über die Kinder austauscht, für mehr Rechte für Mütter und Familien auf der Tour.

Zuletzt forderte sie bei der WTA bessere Unterstützung und gesonderte Regeln für eine Rückkehr auf die Tour an. Eine Antwort der Damen-Profi-Organisation blieb jedoch bislang aus. «Es wäre an der Zeit, Müttern mehr zu helfen und entgegenzukommen», forderte sie nun erneut.

Maria weiß zu kämpfen. Vor 14 Jahren wurde eine Thrombose am Bein entdeckt, sie schwebte einige Zeit in Lebensgefahr. Wenig später starb ihr Vater, der sie zu Turnieren begleitet hatte. «Bei mir sind ein paar Sachen passiert, die einen automatisch stärker machen», sagte Maria bei Sky über ihre Schicksalsschläge, «und wenn man Kinder hat, muss man auch stark sein.»

Von Florian Lütticke, dpa