Nach Jahren in Regionalligen stand Kristian «TynX» Hansen 2021 endlich auf der Bühne der LEC. «Es fühlt sich so verdammt gut an, hier zu sein», sagt er in einem Interview zu Saisonbeginn. Er will sich beweisen in der europäischen League-of-Legends-Liga, lange spielen. Doch der Traum platzt schnell.
Für den E-Sportler war in der LEC bereits nach einer Saison wieder Schluss. Nach dem Rauswurf habe er sich furchtbar gefühlt. Und damit ist er nicht allein.
Junge Nachwuchstalente arbeiten meist jahrelang darauf hin, einen der 50 Plätze in den Teams der LEC zu bekommen. Dort haben sie die Möglichkeit, sich mit den Besten zu messen, sich selbst zu verbessern – und die Chance auf die Qualifikation zur Weltmeisterschaft.
Doch für viele Neulinge endet der Traum von der LEC bereits nach einer Saison. Einer von ihnen ist TynX.
Der 23-jährige Däne legte die typische Karriere eines sogenannten Rookies hin: Durch seine Performance bei dem europäischen Turnier European Masters erregte er 2020 Aufmerksamkeit und wurde von der deutschen Organisation SK Gaming Anfang 2021 für die LEC akquiriert.
Rookies in der LEC: Unerwarteter Rauswurf
«Ich kannte den Trainer von SK, wir hatten zuvor zusammengearbeitet», erzählt TynX im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. SK hatte Ende 2020 gleich vier neue Spieler an Bord geholt. Das schien zu funktionieren: Das Team schaffte es in die Playoffs, wurde Sechster.
Trotz des vergleichsweise guten Ergebnisses wurde TynX von SK nach einer Saison entlassen. «Es war ein ziemlicher Schock», sagt er. «Vor allem, weil wir besser abgeschnitten hatten als erwartet.» Die Erklärung für den Rauswurf sei sehr vage gewesen.
Nachdem er nach den Playoffs für seine Entwicklung gelobt worden sei, habe er nach vier Tagen im Training für die nächste Saison gesagt bekommen, dass es doch nicht funktioniere. «Ich hatte nicht die mentale Einstellung, die Entscheidung in Frage zu stellen, also war das Gespräch schnell vorbei.»
TynX kritisiert vor allem das Management. «Normalerweise sollte man seinen Spielern ein vernünftiges Zeitfenster geben, damit sie sich etwas anderes suchen können.» Für ihn sei es aber zu spät kommuniziert worden, um eine Alternative für den Sommer zu finden. «Das hat eine ganze Saison für mich zunichte gemacht.»
SK: TynX habe sich nicht schnell genug angepasst
TynX habe sich nicht schnell genug an das sich verändernde Spiel angepasst, sagt dazu Alexander Müller, Managing Director bei SK.
Seine Leistung habe im Laufe der Saison leider abgenommen. Das sei mit ihm auch sehr klar besprochen worden. Für die Spielpause habe er Hausaufgaben mitbekommen: «Er sollte relativ stark an seinem Spiel arbeiten, um den Anschluss nicht zu verlieren», sagt Müller. «Aber sein Spielstil war nach der Pause leider immer noch nicht auf Augenhöhe mit der Konkurrenz.»
Im Team habe sich dann auch eine Dynamik entwickelt, die das Management nicht habe aufhalten können. «Das gesamte Team hat relativ schnell klargemacht, dass es eine andere Lösung haben möchte. Und wir haben ihm dann auch offen kommuniziert, dass die Reise in den Summer Split als Starter nicht weitergehen wird», sagt Müller.
Ein Wechsel zwischen Frühling und Sommer sei auch für die Organisation alles andere als ideal. «Das willst du unbedingt verhindern», sagt er. Dass TynX nicht in ein anderes Spitzenteam wechseln konnte, habe an dessen Leistung gelegen.
Rookie-Management in der LEC «nicht gut»
Wie TynX erging es mehreren LEC-Spielern in der Vergangenheit. Paweł «Woolite» Pruski hatte zwar bereits 2014 in der Vorgänger-Liga der LEC, der EU LCS, gespielt. Als er es im Sommer 2019 zurück in die LEC schaffte, wurde aber auch er nach einem Split ersetzt.
«Es war eine harte Zeit für mich. Ich hatte keine Motivation», sagt der 26-jährige Pole im Interview mit dpa über das Aus beim LEC-Team Rogue. «Für zwei Wochen war ich zuhause und habe nichts gemacht, außer darüber nachzudenken, dass ich gerade erst in die LEC gekommen bin und jetzt wieder von vorne anfangen muss.»
Immer wieder scheitern Teams daran, Neulinge zu integrieren. Dabei liegt das oft nicht an den Spielern, sondern auch an den Strukturen. «Es scheint, als würde jeder zweite Rookie, der sich einem Team anschließt, zerbrechen», sagt TynX. «Das ist traurig zu sehen.»
So erging es auch dem Deutschen Steven «Reeker» Chen, der nach einer Saison MAD Lions wieder verlassen musste. Hier gab Till Werdermann, MADs Director of Team Operations, in einem Interview mit «Inven Global» zu, dass es weniger an einem «falschen» Spieler liege, sondern an einem falschen Umgang mit dem Team durch den Trainerstab.
Für TynX und Woolite eins der größten Probleme: die Erwartungen. «Die Teams sind nicht gerade gut im Umgang mit Nachwuchs», sagt Woolite. Sie wollten schnell Ergebnisse haben, hätten aber keine Geduld. Das Risiko mit Nachwuchsspielern sei nunmal vorhanden, doch die Teams gehen davon aus, dass es trotzdem funktioniert. «Das schadet den Rookies auf lange Sicht sehr», sagt Woolite.
Rookies in der LEC: Verantwortung bei Organisationen
In einem Interview mit «Dot Esports» hatte auch der langjährige LEC-Spieler Andrei «Odoamne» Pascu von Rogue Bedenken geäußert. Statt den Nachwuchstalenten Zeit zur Entwicklung einzuräumen, würden Teams immer wieder Spieler austauschen und dann andere Ergebnisse erwarten – was sich letztendlich negativ auf die Qualität der Liga auswirke.
«Es ist eine wahnsinnige mentale Belastung für die Spieler», sagt Woolite. «Man bekommt ständig das Gefühl, dass man jederzeit ersetzt werden kann, wenn man ein bisschen nachlässt.»
Das führe dazu, dass viele Spieler sich überanstrengen und dann bereits ausgebrannt seien, wenn es darauf ankommt. «In League of Legends kannst du in einem Moment einfach verschwinden, wenn du dich nicht anpasst», sagt Woolite.
Rückkehr in die LEC mit Hürden
Auch der Wiedereinstieg in die LEC ist für die Nachwuchsspieler häufig schwer, sie müssen sich komplett neu beweisen. «In der Vergangenheit war die Erfolgsquote nicht sonderlich hoch», bewertet TynX die Chance auf eine Rückkehr.
Das liege auch daran, dass den fallengelassenen Spielern ein schlechter Ruf anhänge. Teams würden dann lieber auf einen neuen Spieler ohne LEC-Erfahrung zurückgreifen. «Es ist extrem schwer, wieder wahrgenommen zu werden», sagt Woolite.
Mittlerweile haben beide Spieler Plätze in den Regionalligen gefunden. Woolite ist seit Ende 2020 bei Misfits Premier in der französischen Liga unter Vertrag. TynX spielt seit Mai beim Nachwuchsteam von MAD Lions in Spanien. Seine Ziele hätten sich nach dem Ende in der LEC nicht geändert: «Es wäre immer noch ziemlich cool, an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen.»
Denn auch wenn die Regionalligen zunehmend professioneller und attraktiver werden, am Ende bleibt vor allem für die jungen Spieler immer das ultimative Ziel: die LEC und die Chance auf eine internationale Bühne bei der WM. Und da ist sich TynX in einer Sache sicher: «Wenn du ein guter Spieler bist, schaffst du es zurück.»
Weitere Nachrichten
Pogacar über Gelbes Trikot überrascht: «Fühlt sich gut an»
Tedescos Belgier haben Spaß vor Achtelfinale
Rassistische Kommentare gegen Ansah: DLV prüft Strafanzeige