24. November 2024

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Hradecky: «Irgendwann muss auch der letzte Schritt kommen»

2018 wechselte Lukas Hradecky von Eintracht Frankfurt zu Bayer Leverkusen. In der Hoffnung auf einen Titel, der bis heute ausblieb. Doch das soll sich bald ändern.

Torhüter und ausländische Spieler schaffen es im Fußball selten als Kapitäne ihres Team. Lukas Hradecky ist beides – und trotzdem Spielführer von Bayer Leverkusen. 

Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur verrät er, wie der Bundesliga-Dritte bald seinen seit 1993 geltenden Titel-Fluch bannen will. Und warum er seinen Vertrag bald verlängern wird.

Frage: Ihr ehemaliger Verein Eintracht Frankfurt hat die Europa League gewonnen. Wie haben Sie das verfolgt?

Antwort: Das freut mich über alle Maßen. Einfach Wahnsinn, was die Jungs geleistet haben. Ganz Deutschland war Eintracht-Fan. Wir haben es als Mannschaft zusammen auf der Hotel-Terrasse in Mexiko geschaut. Das zeigt, dass Teamgeist und  Zusammengehörigkeit am Ende auch über Qualität stehen können. Das haben sie uns allen vorgemacht in dieser Europa-League-Saison. Und das weckt auch bei Bayer Leverkusen Titelträume.

Frage: Sie kamen eigentlich 2018 als Pokalsieger aus Frankfurt, um in Leverkusen Titel zu holen.

Antwort: Wir waren ja auch schon nahe dran. Zum Beispiel, als wir 2020 im Pokalfinale standen. Aber auch in der nächsten Saison gilt: Wir müssen uns weiter verbessern. Und wenn man im Vorjahr Dritter war, wird das schwer ohne einen Titel. Das Hauptziel ist immer, unter die ersten Vier zu kommen. Das haben wir erreicht. Aber irgendwann muss auch der letzte Schritt kommen, dass man mal einen Titel holt. Qualität haben wir. Und mental und beim Mannschafts-Geist haben wir uns sehr gut entwickelt in dieser Saison. Wenn es so weitergeht, ist es für mich realistisch, von einem Titel zu träumen.

Frage: Hatten Sie auch als Eintracht-Fan beim Finale Wehmut? Weil Sie auch in der Europa League gespielt haben und auch da hätten stehen können?

Antwort: Hätte, hätte, Fahrradkette. Wir sind ausgeschieden, warum auch immer. Es sind oft Kleinigkeiten, die darüber entscheiden. Eintracht hat sich das auf jeden Fall verdient. Und wir in diesem Jahr noch nicht.

Frage: War dennoch eine Entwicklung zu erkennen in dieser Saison?

Antwort: Absolut. Das Wichtigste war, dass wir uns aus jeder schwierigen Phase herausgekämpft haben. Und wir haben auch Highlights gesetzt: In Dortmund gewonnen, in München unentschieden gespielt, in Leipzig gewonnen. Das sind schon Zeichen, dass man von Größerem träumen darf.

Frage: In den vergangenen Jahren war das entscheidende Thema bei Bayer die Balance zwischen Offensive und Defensive. Passt die nun besser?

Antwort: Wir haben immer noch zu viele Tore kassiert. Aber wir haben auch sehr viele geschossen, haben sogar einen Vereinsrekord aufgestellt. Insgesamt hatte ich auf dem Platz schon das Gefühl, dass es nicht mehr so wild ist. Und dass wir nicht mehr umfallen, wenn wir ein Gegentor bekommen. Das gab es in dieser Saison zwar auch noch, aber das waren Ausnahmen. Auch die Schlussphase, als wir sehr viele Verletzte hatten und dennoch absolut fokussiert unser Ziel erreicht haben, bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass wir gut genug sind und es in uns haben.

Frage: Welchen Anteil an der Entwicklung hat Trainer Gerardo Seoane?

Antwort: Er hat offenbar das perfekte Spielsystem für uns gefunden. Wir wollen unterhaltsam spielen und Tore machen, das zeichnet uns aus. Aber man muss nicht immer schön spielen, sondern vor allem auch effektiv. Diese Facetten bringt der Trainer zusammen.

Fragen: Denken Sie beim Titel-Traum vor allem an den Pokal, der immer als der einfachste Weg zum Titel bezeichnet wird? Oder auch an die Meisterschaft?

Antwort: In der Meisterschaft sind wir sicher Außenseiter, wie alle anderen auch. Ich sehe leider auch nicht, dass Bayern schwächelt. Pokal oder vielleicht auch die Europa League sind sicher mehr für uns gemacht.

Frage: Haben Sie nicht angesichts der aktuellen Unruhe in München doch die Hoffnung, dass die Tür zur Meisterschaft nächstes Jahr vielleicht aufgeht?

Antwort: Die Hoffnung gibt man nie auf. Aber man kennt doch die Bayern. Die fangen die neue Saison wieder mit 3:0 und 4:0 an und dann läuft es wieder. Ich will da auch keine Kampfansagen formulieren. Wir müssen einfach mal Taten sprechen lassen. Klar ist: Wir haben in der letzten Saison 64 Punkte geholt. So viele habe ich noch nie mit irgendeiner Mannschaft in irgendeiner Liga geholt. Aber um Meister zu werden, braucht man um die 80. Das ist schon nochmal eine andere Hausnummer.

Frage: Ihr Vertrag läuft im Sommer 2023 aus. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie ihn verlängern?

Antwort: Die Gespräche laufen gut. Es fehlen nur noch Kleinigkeiten. Ich hoffe, dass bald alles klar ist. Ich fühle mich in diesem Verein sehr wohl. Die Wertschätzung, hier Kapitän sein zu dürfen, hat mich nochmal sehr geprägt. Das war eine riesige Wertschätzung für mich.

Frage: Geschäftsführer Rudi Völler verlässt den Verein beziehungsweise zieht sich in die zweite Reihe zurück. Wie sicher sind Sie, dass der Verein trotzdem gut aufgestellt ist?

Antwort: Ich kann mich noch gut erinnern, als wir 2018 in Frankfurt in meiner Wohnung saßen und mein Vater hatte die ganze Zeit große Augen, weil Rudi Völler bei uns saß. Es ist schade, dass wir ihn nicht mit einem Titel verabschieden konnten, aber ich denke, er hatte trotzdem einen würdigen Abschied. Und ich habe absolut keine Sorge, was die Zukunft von Bayer 04 betrifft. Ich kann auch bestätigen, dass meine Vertragsgespräche sehr respektvoll und gut laufen.

Zur Person: Lukas Hradecky (32) wurde in Bratislava geboren und ist finnischer Nationaltorhüter. 2015 kam er von Bröndby IF zu Eintracht Frankfurt in die Bundesliga. 2018 holte er mit den Hessen den DFB-Pokal und wechselte danach zu Bayer Leverkusen. Seit Sommer 2021 ist er Kapitän der Werkself. Mit Finnland nahm er an der EM 2021 teil.

Interview: Holger Schmidt, dpa