23. November 2024

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Eishockey-Bundestrainer Söderholm: «Es waren einige Fehler»

Zwölf Wochen nach dem ersten schweren Rückschlag seiner Amtszeit beginnt für Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm und sein Team die WM. Es ist die Chance zur Wiedergutmachung.

Hinter Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm liegt ein lehrreiches Jahr. 2021 verpasste der Coach mit dem Nationalteam bei der WM in Riga knapp eine Medaille, Deutschland zog erstmals seit 2010 ins Halbfinale ein.

Im Februar folgte mit dem Olympia-Aus vor dem Viertelfinale der erste schwere Rückschlag seiner Amtszeit. Am 13. Mai beginnt nun mit einem Vorrundenspiel in Helsinki gegen Kanada (19.20 Uhr/Sport1 und MagentaSport) die nächste und für Söderholm spezielle Weltmeisterschaft in seiner Heimat Finnland. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der 44-Jährige über die Olympia-Enttäuschung, seine Ansprüche und das NHL-Trio im Kader.

Die Winterspiele in Peking waren eine Enttäuschung. Was muss bei der WM passieren, dass sie als Wiedergutmachung gelten kann?

Toni Söderholm: «Die wichtige Frage für mich ist, dass wir die Wie-Frage beantworten können. Wie gewinnen wir Spiele? Dass wir uns identitätsmäßig wieder im Spiegel anschauen können. Wir hatten eine hohe Erwartungshaltung, aber irgendwie ist das Wie-wir-gewinnen ein bisschen verloren gegangen. Wichtig ist, dass wir auch nicht so viel über Resultate reden.»

Welche Fehler wurden möglicherweise in der Olympia-Vorbereitung gemacht und welche Lehren wurden daraus gezogen?

Söderholm: «Es waren einige Fehler. Der eine war größer als der andere. Aber das ist jetzt Vergangenheit. Da habe ich mir schon einen neuen Spiegel gekauft, jetzt müssen wir weitergehen.»

Hat sich beim Verhältnis zwischen den Spielern im Team und im Verhältnis zu Ihnen durch die Olympia-Enttäuschung etwas verändert?

Söderholm: «Überhaupt nicht. Ich glaube, die Gespräche danach waren ernüchternd für alle. Es war auch lehrreich zu wissen, wie alle reagieren, wenn es nicht so läuft, wie man sich das erhofft. Alle wollen sich besser präsentieren.»

Spüren Sie noch mehr Druck, weil Olympia viel schlechter lief als erhofft?

Söderholm: «Überhaupt nicht. Was hat Olympia mit diesem Turnier zu tun? Null.»

Bei der WM in Riga im vergangenen Jahr hat das Team nur knapp eine Medaille verpasst. Wäre es vermessen, vom zweiten Halbfinale nacheinander zu träumen?

Söderholm: «Träumen kannst du jeden Tag, wenn du willst, und sollte man wahrscheinlich auch. Aber lass uns erst den ersten Punkt im ersten Spiel gewinnen und dann schauen wir weiter. Kaltschnäuzig, bodenständig, hart – so müssen wir arbeiten, damit wir uns in eine Position bringen, dass wir erfolgreich sein können. Mehr interessiert mich nicht.»

Wie lautet die genaue WM-Zielsetzung?

Söderholm: «Die haben wir noch nicht gemacht.»

Wie sehr sind Sie enttäuscht, dass sich offenbar nicht alle Nationalspieler für diese WM aufraffen können?

Söderholm: «Es gibt mehrere Gründe. Wenn ein Spieler verletzt ist, dann ist er verletzt. Wenn ein Spieler keine Energie hat, dann hat er keine Energie. Wenn ein Spieler sich so fühlt, dass er der Mannschaft nicht helfen kann, dann hilft er der Mannschaft auch nicht und dann nehmen wir den nächsten. Da gibt es für mich nichts zu diskutieren. Einige sind verletzt, das ist für die Spieler dann auch eine Enttäuschung, wenn sie nicht dabei sein können.»

NHL-Torhüter Philipp Grubauer dürfte die Rolle der Nummer eins übernehmen. Wie sehen Sie seine Rolle im Team?

Söderholm: «Er ist sehr wichtig. Philipp hat auch einen sehr guten Charakter. Er bringt auch sehr viel Selbstvertrauen mit. Er bringt ein Gefühl mit, was das Selbstvertrauen der ganzen Mannschaft stärkt. Technikmäßig ist er sehr stark. Schlittschuhtechnisch ist er sehr stark. Sein Positionsspiel ist sehr stark.»

Mathias Niederberger gehört neben Grubauer zum WM-Aufgebot. Inwiefern könnte die Situation problematisch werden, wenn der beste DEL-Torwart auf der Bank sitzt?

Söderholm: «Das ist eine normale Situation bei einer Weltmeisterschaft. Normalerweise hast du deine drei besten Torhüter im Kader und einer kann immer nur spielen. Wir haben das natürlich im Vorfeld geklärt. Ich vertraue den Jungs, die kommen sehr gut miteinander und mit der Situation klar.»

Verteidiger Moritz Seider hat eine sehr starke erste NHL-Saison gespielt. Wo sehen Sie die Grenzen in seiner Entwicklung?

Söderholm: «Gibt es welche? Ich glaube nicht.»

Moritz Seider vermittelte in der Vergangenheit stets großes Selbstvertrauen. Wie wichtig ist seine Rolle im Team?

Söderholm: «Wichtig. Ich glaube, er hat eine sehr gute Balance zwischen dem, wann es ernst sein muss und wann die Zeit ist, Spaß zu haben. Wenn er dann seine Schlittschuhe anzieht und aufs Eis geht, dann ist es volles Business.»

Welche Last kann NHL-Stürmer Tim Stützle in der Offensive trotz seines jungen Alters bereits übernehmen?

Söderholm: «Er kann sicher vieles übernehmen. Wichtig ist für uns, im Team die Mentalität zu haben, dass jemand Tore schießen kann. Tim hat sehr viel offensives Potenzial, ist technisch begabt und reagiert sehr schnell. Außerdem sind sein Auge und seine Kreativität in der Offensive auf einem sehr hohen Level.»

Wer ist Ihr Titelfavorit?

Söderholm: Ich glaube, an den Finnen muss man irgendwann vorbei. Ich glaube, Kanada wird eine starke Mannschaft haben. Und es wird interessant zu sehen, was die Tschechen mit Kari Jalonen als neuem Trainer machen.

Zur Person: Toni Söderholm (44) wurde Ende 2018 überraschend Nachfolger von Marco Sturm. Der Ex-Profi war damals Trainer beim Drittligisten SC Riessersee. Bis zu den Winterspielen war eher mit seinem Abschied vom Deutschen Eishockey-Bund nach dieser WM in Helsinki und Tampere gerechnet worden. Ende März verlängerte Söderholm bis 2026.

Interview: Kristina Puck, dpa