Angeführt von Davie Selke gingen die Hertha-Profis in die Berliner Fankurve. Die Versöhnung mit dem eigenen Anhang ist gelungen, der Klassenerhalt aber noch nicht.
Felix Magath muss mit Hertha BSC weiter bangen und jetzt dem FC Bayern München die Daumen drücken. Durch das 1:2 (0:1) gegen den 1. FSV Mainz 05 verpasten die Berliner den möglichen vorzeitigen Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga. Silvan Widmer (25. Minute) und Stefan Bell (81.) verdarben der Hertha und ihrem als Retter im März geholten Trainer Magath mit ihren Toren die erhoffte Feier vor den eigenen Fans. Davie Selke (45.+5) gelang mit seinem Foulelfmeter nur der zwischenzeitliche Ausgleich.
Bei vier Punkten Vorsprung auf den VfB Stuttgart ist die Hertha noch an diesem Wochenende gerettet, wenn die Schwaben am Sonntag bei den Bayern verlieren. Allerdings: Gelingt Stuttgart ein Unentschieden bei dem zuletzt lethargischen Meister, muss die Hertha am letzten Spieltag bei Borussia Dortmund punkten, sonst droht womöglich doch noch Platz 16 und die Relegation gegen den Zweitliga-Dritten.
«Wir waren nicht im Spiel heute von der ersten Minute bis zum Ende. Wir waren nicht frisch im Kopf, es hat viel gefehlt. Wir haben in vier Spielen alles gegeben, alle Türen offen gelassen. Wir haben immer noch die Riesenchance. Wir müssen probieren, es positiv zu sehen», sagte Kevin-Prince Boateng und Selke meinte: «Man kann es nicht immer erklären. Wir haben es nicht hinbekommen, die Leistung zu zeigen, die wir die letzten Wochen gezeigt haben. Deswegen war es wahrscheinlich verdient.»
Verärgert war der Stürmer über Schiedsrichter Patrick Ittrich, der ihm ein Tor in der Nachspielzeit aberkannt hatte. «Ich mag Patrick sehr. Ich habe eine andere Meinung. Wenn das Foul ist, machen Mittelstürmer im Jahr acht Tore weniger.» Fredi Bobic wollte es nicht aus der Vereinsbrille sehen und sprach nicht von einer Fehlentscheidung. Nun blicken Bobic und Co. nach München: «Natürlich werden wir den Bayern die Daumen drücken. Das ist normal. Es ist Bundesliga, es ist Endphase. Die verrücktesten Sachen passieren. Es ist nichts vorauszusehen.»
Olympiastadion fast ausverkauft
Der Rahmen stimmte eigentlich für eine Berliner Klassenerhaltsparty. Das Olympiastadion mit 71.548 Zuschauern war fast ausverkauft und die Hertha-Profis überraschten mit einer cleveren Geste. Kurz vor dem Anpfiff beendeten sie ihren Fan-Boykott wegen des Trikot-Zoffs mit ihren Anhängern nach der Derby-Niederlage gegen Union Berlin im April und liefen kollektiv in die Ost-Kurve. Der Funke sprang über, die Unterstützung war da. «Wir haben ein Zeichen geschickt, dass es nur zusammengeht. Es war ein toller Support, damit können wir das Thema abschließen», sagte Selke.
Magath setzte auch wieder auf den Kniff mit dem ganz blauen Auswärtsshirt, das beim 2:0 im vorherigen Heimspiel gegen Stuttgart als Glücksbringer funktioniert hatte. Wie gegen die Schwaben rannte die Hertha auch sofort mutig an. Selke (5.) fiel der Ball nach einem Ausrutscher von Alexander Hack vor die Füße, doch der Stürmer verzog.
Wie gegen Stuttgart verfielen die Berliner aber auch rasch in eine merkwürdige Passivität – nur diesmal ohne Führung im Rücken. Mainz musste sich nicht groß bemühen, um das Spiel unter Kontrolle zu bekommen und bekam dann ausgerechnet vom zuletzt hochgelobten und von Magath kurz vor dem Anpfiff mit dem jungen Oliver Kahn verglichenen Marcel Lotka unfreiwillige Hilfe. Dem Hertha-Torwart rutschte der recht harmlose Schuss von Widmer aus spitzem Winkel unter dem Körper hindurch ins Tor.
Die Hertha brauchte jetzt einen Anführer. Boateng (27.) versuchte es mit einem Schuss aus der Distanz. Das deutliche Signal zu mehr Mut und Angriffswucht kam aber nicht – bis tief in die Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Ittrich entschied, vermutlich auch zur Überraschung manchner Herthaner, nach Videostudium auf Strafstoß. Tatsächlich hatte Moussa Niakhaté Berlins Dedryck Boyata in die Hacke getreten. Selke verwandelte sicher.
Das Spiel blieb für die Hertha in der zweiten Halbzeit eine reine Nervensache. Dazu gab es einen Aufreger: Ittrich verweigerte ein Mainzer Tor wegen Handspiels von Karim Onisiwo (52.). Lotka rettete bei einem Kopfball von Anton Stach (74.) mit einem prima Reflex. Mainz drängte mehr auf das Siegtor und wurde durch einen Kopfball von Bell belohnt. So wurde die Hertha für ihre Passivität bestraft. Erst danach wachten die Gastgeber noch einmal auf. Luca Wollschläger traf den Pfosten (89.), ein Tor von Selke wurde wegen Foulspiels nicht gegeben (90.+1).
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