Ein Kloster, Begegnungen mit Nonnen und ein besonders helles Licht im Fahrstuhl: Eine Medaille für die außergewöhnlichste Vorbereitung auf die Paralympics in Peking hätten die Snowboarder bereits sicher gehabt.
«Wir haben auf jeden Fall die Erleuchtung gefunden», sagte Snowboarder Christian Schmiedt schmunzelnd im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Kloster als Hotel
Das deutsche Trio wollte sich vor der Abreise nach Peking eigentlich nur im schweizerischen Flumserberg vorbereiten. Bei der Ankunft gab es die erste Überraschung: Die Unterkunft war ein Kloster mit Hotelgebäude. Finanziell waren eben keine großen Sprünge möglich. Sie mussten nehmen, was bezahlbar und noch übrig war. «Im Kloster haben wir gegessen. Und da waren auch die Schlafräume für die Nonnen», erklärte Schmiedt.
Immer wieder traf er mit seinen Teamkollegen Manuel Ness und Matthias Keller auf Nonnen. «Wenn wir in T-Shirt und Jogginghose zum Frühstück gingen, kamen sie uns immer entgegen und haben immer gegrüßt», sagte Schmiedt. «Dazu gab es noch das Hotelgebäude, dass die Nonnen selbst betrieben haben, eine kleine Kirche und ein kleines Gebetshaus.»
Gleißendes Licht im Lift
Höhepunkt blieb die Fahrt mit dem Aufzug. «Die gesamte Decke drin bestand aus einer LED-Lampe. Wenn die Tür aufging, war das so brutal hell», merkte Schmiedt an. «Das Licht war so hell, es war wie eine Erleuchtung», ergänzte Ness. Auch wenn Schmiedt nicht zu den Personen zählt, die sich als abergläubisch bezeichnen würden: Die Zeichen haben die Snowboarder gerne mit ins Reich der Mitte mitgenommen. «Es war wirklich witzig», sagte Schmiedt.
Ob das Trio auf der Piste im Genting Snow Park von Zhangjiakou diesen besonderen Rückwind nutzen kann, entscheidet sich am Freitag. Im Snowboardcross konnten sie noch nicht überzeugen. Im Slalom dürfte es zumindest bei Schmiedt besser aussehen. Er hat eine Top-8-Platzierung im Visier. Dafür hat er sich eine spezielle Einstimmung auf den Wettkampf zugelegt, auch zur Beruhigung. «Ich klopfe mir mit der Faust mehrmals auf die Mitte der Brust. Dazu summe ich», beschrieb er seine Vorgehensweise, die er mit einer Psychologin erarbeitet hat. «Der Japaner im Snowboardcross neben mir hat mich auf jeden Fall komisch angeguckt.»
Schub durch Paralympics
Schmiedt, der an beiden Händen jeweils nur drei Finger hat und an beiden Unterschenkeln eine Prothese trägt, wurde lange Jahre gemeinsam mit seinem kleinen Snowboard-Team eher belächelt. Vor vier Jahren in Pyeongchang fuhren sie nicht mit, weil es gar keine Nationalmannschaft gab. Lange Jahre haben sie sich komplett selbst finanzieren müssen. «Erst nach 2018 hat sich einiges getan», merkte Schmiedt an. Der Familienvater hatte großen Anteil daran, denn mit Keller und Ness baute er das Nationalteam auf. «Wir sind ein richtig cooler Haufen. Das passt wie Arsch auf Eimer», erklärte er.
Durch die Paralympics erhoffen sie sich nun einen wichtigen Schub. «Es ist die größte Bühne, die wir jemals haben werden», erklärte er und nennt die Vorzüge dieser Sportart: «Keine Para-Wintersportart hat so viel Action zu bieten. Wir hoffen, dass es gut ankommt und wir dadurch viel Nachwuchs generieren können.»
In seiner Heimat Rielingshausen, einem Ortsteil von Marbach am Neckar, ist Schmiedt so oder so schon ein Held. «Das ganz Dorf ist aus dem Häuschen. Sie haben riesige Plakate auf den Acker gestellt. An der Hauptstraße sind riesige Plakate aufgestellt», sagte er. «Wenn ich wiederkomme, muss ich erstmal einen ausgeben.»
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