Toni Söderholm verfolgte die schlechteste Leistung des Eishockey-Nationalteams in seiner Amtszeit mit versteinerter Miene.
Das enttäuschend frühe Olympia-Aus für die in Peking mit Gold-Hoffnungen angetretenen Silbergewinner von 2018 war auch eine persönliche Niederlage für den Bundestrainer zum möglichen Ende seiner bislang so erfolgreichen Ära. «Klar ist das eine Enttäuschung», bekannte der niedergeschlagene Finne nach dem üblen 0:4 (0:1, 0:2, 0:1) gegen die Slowakei, wodurch der WM-Vierte von 2021 das Minimalziel Viertelfinale verpasste. «Das ist natürlich ein Tiefpunkt für uns jetzt», sagte Angreifer Patrick Hager – einer von immerhin noch zehn Olympia-Zweiten von Pyeongchang.
Söderholm lässt eigene Zukunft offen
Insbesondere auch Söderholm war sprachlos – vor allem zu seiner Zukunft. «Ich weiß es nicht», sagte der 43-Jährige zu Fragen, wie es nun mit ihm weitergehe. Der Vertrag mit dem international begehrten Finnen läuft nach der WM im Mai in Helsinki aus. Ob er noch einmal beim Deutschen Eishockey-Bund verlängert oder lieber für mehr Geld zu einem europäischen Spitzenclub wechselt, ist offen. Söderholm hatte angekündigt, nach Olympia entscheiden zu wollen.
Fragen danach kamen zumindest bei ihm und DEB-Sportdirektor Christian Künast aber nicht gut an. «Falsche Frage zum falschen Zeitpunkt», bellte Künast. Deutlich gelassener ging der daheim in Garmisch-Partenkirchen gebliebene DEB-Präsident Franz Reindl damit um. «Unsere Gespräche waren gut und wir werden uns in der nahen Zukunft wieder sehen und dann weitersprechen», sagte Reindl der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Frage im Team auch ein Thema ist, offenbarte Kapitän Moritz Müller: «Es ist klar, dass wir uns alle wünschen, dass Toni weitermacht.»
Söderholm hatte nach seinem Amtsantritt Ende 2018 die Arbeit seines Vorgängers Marco Sturm nahtlos fortgesetzt. Nach der sensationellen Silbermedaille von Pyeongchang führte Söderholm das deutsche Team ins WM-Halbfinale im vergangenen Jahr und gewöhnte den Weltranglisten-Fünften an höhere Ansprüche und Ziele. Offen hatten Spieler und Trainer vor dem Turnier, an dem wie schon vor vier Jahren keine NHL-Spieler teilnehmen, über Gold-Ambitionen gesprochen. Stattdessen landete das deutsche Team von zwölf Teams auf Rang zehn.
Müller: «Ziele nicht erreicht»
«Es ist nicht falsch, Träume zu haben und sich Ziele zu setzen. Es ist auch klar, dass man daran auch gemessen wird», sagte Müller nach dem ersten echten Rückschlag in der Söderholm-Ära. «Wir müssen ehrlich zu uns sein, dass wir unsere Ziele nicht erreicht haben.» Reindl kommentierte: «Das war ein Rückschlag, aber kein Rückschritt.»
Söderholm hatte insgeheim gehofft, ein erneut starkes Olympia-Turnier auch für die eigene Karriere nutzen zu können. Wie Sturm, der Ende 2018 nach dem vorherigen Silber-Coup in Südkorea den Sprung in die nordamerikanische Profiliga NHL schaffte und dort als Assistenzcoach für die Los Angeles Kings arbeitet, will auch Söderholm in die beste Liga der Welt. Statt des erhofften Karriereschubs war das olympische Turnier in Peking ein herber Dämpfer. «Der Frust darüber, wie wir uns präsentiert haben, den muss man erstmal sacken lassen», gestand Hager, und Sportdirektor Künast meinte: «Es war einfach nicht unser Turnier, das kann man ja nicht schönreden.»
Frühes Olympia-Aus ein herber Rückschlag
Ausgerechnet im ersten K.o.-Spiel gegen die Slowaken, gegen die es seit 2013 bei großen Turnieren keine Niederlage mehr gegeben hatte, war das deutsche Team von Beginn an klar unterlegen. Die Tore durch Libor Hudacek (12. Minute), Peter Cehlarik (28.), Michal Kristof (29.) und Marek Hrivik (58.) fielen zu leicht. Deutschland konnte sich bei Torhüter Mathias Niederberger für dessen beste Turnierleistung bedanken, dass die verdiente Niederlage nicht noch höher ausfiel. Wie schon im gesamten Turnier brachte das deutsche Team zudem viel zu wenige Schüsse aufs Tor.
Söderholm muss sich im Nachhinein auch Kritik bei der Zusammenstellung des Kaders gefallen lassen. Der Bundestrainer vertraute auf viele routinierte Kräfte – vielleicht zu viele. Auf der in Nordamerika genutzten kleineren Eisfläche, auf der auch in Peking gespielt wird, wirkten etliche Spieler überfordert. «Wir waren auf der kleinen Eisfläche nicht gut genug», gestand der Bundestrainer.
«Als Führungsspieler habe ich auch den Anspruch, besser zu spielen», sagte Verteidiger Korbinian Holzer. Der langjährige NHL-Spieler fiel mehr durch unflätige Schimpftiraden gegen Gegenspieler auf. So auch am Dienstag gegen die Slowaken, nachdem sich David Wolf frustriert einen Faustschlag gegen den Kopf des Slowaken Libor Hudacek geleistet und zurecht eine Matchstrafe kassiert hatte.
«Vielleicht war die eigene Erwartungshaltung einfach zu hoch», sagte Sportdirektor Künast. Dem widersprachen die Spieler indes. «Die Ansprüche zu haben, ist schon gerechtfertigt. Wir haben das Potenzial», sagte Holzer. Der ebenfalls enttäuschende Marcel Noebels meinte: «Wir setzen uns Ziele, und das Ziel war sicher nicht, so früh rauszufliegen. Ich hoffe, dass wir bei der WM wieder angreifen.»
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