Enttäuscht hockte Lena Dürr im Schnee, wischte sich Tränen aus den Augen und setzte schnell die Skibrille wieder auf. Trotz ihrer Führung nach dem ersten Lauf bei den Olympischen Winterspielen von Peking verpasste die deutsche Skirennfahrerin eine Medaille im Slalom ganz knapp.
Die 30-Jährige rutschte nach dem zweiten Lauf noch auf Platz vier zurück. Sie hatte am Ende nur 0,07 Sekunden Rückstand auf die Bronze-Gewinnerin Wendy Holdener aus der Schweiz.
«Jetzt tut es gerade richtig weh, es ist einfach nur bitter», sagte Dürr in einer ersten Reaktion im ZDF. Wenig später wirkte sie etwas gefasster und sagte: «Es war so unfassbar knapp, das ärgert mich jetzt am allermeisten. Wenn es klar ist und man wirklich weit weg ist von denen, dann ist es leichter zu verarbeiten.» Gold ging an die Slowakin Petra Vlhova, die nach dem ersten Durchgang noch auf Platz acht gelegen hatte. Silber gewann Katharina Liensberger aus Österreich. Auf Vlhova hatte Dürr 19 Hundertstelsekunden Rückstand. Emma Aicher als zweite deutsche Starterin kam auf Platz 18.
Trost von der Olympiasiegerin
US-Superstar Mikaela Shiffrin erlebte das nächste Debakel und schied nach ihrem frühen Aus im Riesenslalom auch im ersten Lauf des Slaloms aus. Dürr verpasste den nach dem ersten Durchgang greifbar nah scheinenden vierten Olympiasieg einer deutschen Slalomfahrerin nach Rosi Mittermaier (1976), Hilde Gerg (1998) und Maria Höfl-Riesch (2010). «Das ist fast ein bisserl die Höchststrafe, die Lena ist ein super Rennen gefahren», sagte Gerg als ZDF-Expertin.
Olympiasiegerin Vlhova nahm Dürr lange in den Arm und auch Holdener tröstete ihre geschlagene Konkurrentin: «Es tut mir leid.» Erinnerungen wurden wach an die Winterspiele vor vier Jahren, als Viktoria Rebensburg ebenfalls nur hauchdünn die Bronzemedaille im Riesenslalom verpasst hatte.
Drei dritte Plätze hatte Dürr im Laufe dieses Weltcup-Winters schon geholt. «Es war ein Traum zu fahren, ein Genuss», sagte sie nach dem ersten Lauf des Slaloms, in dem sie mit Startnummer eins direkt die Bestzeit gesetzt hatte.
Debakel für Shiffrin
Auch für Shiffrin endete der Tag mit einer Enttäuschung. «Es ist nicht das Ende der Welt», sagte sie nach ihrem Aus nach nur wenigen Toren im ersten Lauf. «Aber ich glaube, ich muss viel hinterfragen jetzt.» Mit hängendem Kopf und ungläubiger Miene saß die 26-Jährige minutenlang neben der Strecke, ehe sie zu den Interviews schritt.
Innerhalb von nur drei Tagen hat die langjährige Alpin-Dominatorin in Yanqing schon zwei große Medaillenchancen liegen lassen. Die größte hat sie nun wohl noch in der Kombination. Sie werde versuchen, noch einmal den Reset-Knopf zu drücken, kündigte sie an. «Vielleicht gelingt es mir diesmal besser», sagte sie. Auch, wenn sie nicht genau wisse, wie. Shiffrin, normal die Konstanz in Person, kennt solche Situationen nicht. «Natürlich ist der Druck groß, aber das war nicht das größte Thema heute», sagte sie. «Ich wollte die aggressivste Linie fahren», analysierte sie ihren kurzen Lauf. Womöglich hat sie es mit ihrer Attacke übertrieben. «Ich bin mit starker Mentalität gestartet – dann war ich draußen», sagte sie. «Es ist enttäuschend.»
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