Für sein großes Ziel zieht sich Alexander Zverev fast komplett zurück. Unabhängig vom Ausgang der schier unendlichen Corona-Posse um den serbischen Topstar Novak Djokovic will Deutschlands bester Tennisspieler so oder so bei den Australian Open seine Grand-Slam-Titelpremiere feiern.
Und dafür darf er sicht nicht mit dem Coronavirus infizieren. Er gehe – abgesehen vom zweimal täglichen Training – «nirgendwo» mehr hin, sagte der 24 Jahre alte Hamburger angesichts der hohen Infektionszahlen in Australien. «Ich gehe kein Risiko ein. Ich möchte das Turnier so gut wie möglich spielen», stellte er klar.
Deutsches Duell zum Auftakt
Am Montag wird Zverev als großer deutscher Hoffnungsträger seine Mission beim ersten der vier wichtigsten Tennis-Turniere der Saison beginnen. Die Nummer drei der Welt findet sich in der oberen Tableauhälfte wieder, deren Partien am ersten Tag des zweiwöchigen Tennis-Spektakels am Yarra River ausgetragen werden. Im deutschen Duell trifft Zverev dann auf Außenseiter und Australian-Open-Debütant Daniel Altmaier aus Kempen, der 2020 bei den French Open völlig überraschend das Achtelfinale erreicht hatte.
Zwei Tage vor seinem ersten Auftritt musste Zverev bei einer der üblichen Pressekonferenzen der Spieler aus dem Favoritenkreis natürlich über das Dauerthema Djokovic reden. Nach seinen Erwartungen und Zielen für die Australian Open wurde die deutsche Nummer eins gar nicht mehr konkret gefragt. Zu klar hatte sich der Melbourne-Halbfinalist von 2020 in den vergangenen Wochen dazu geäußert: Nichts Geringeres als den Spitzenplatz in der Weltrangliste und den ersten Grand-Slam-Triumph hat sich der 24-Jährige für diese Saison vorgenommen. Am liebsten gleich in Melbourne.
Statt Zverev redete Boris Becker darüber ausführlich. «Es ist absolut an der Zeit, weil er einfach gut genug ist. Er ist jetzt in der Form seines Lebens und jetzt müssen die großen Titel her!», sagte der Zverev-Kenner im Eurosport-Podcast «Das Gelbe vom Ball»: «Wenn das dieses Jahr nicht passiert, dann kommt die nächste Generation und der Druck erhöht sich etwas, die Fragen werden lauter.»
Im Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» begründete die Tennis-Ikone, was für Zverev spricht: Er könne nun konstantere Leistungen über ein Turnier abrufen. Sein Selbstvertrauen sei so groß wie nie zuvor. «Was wir vor fünf Jahren nicht unbedingt angenommen haben, seien wir ehrlich: Sein großes Talent war bekannt, aber er hatte doch ein paar Schwachstellen. Die hat er jetzt beseitigt. Ich würde es ihm von Herzen wünschen, in Melbourne zu triumphieren», sagte Becker: «Sascha Zverev hat in der Tat eine große Chance, seinen ersten Grand-Slam-Titel zu gewinnen.» Die Nummer eins der Welt bleibt Djokovic allerdings vorerst so oder so.
Olympia-Gold stärkt Glauben
Den Glauben an seine eigene Klasse hatte Zverev mit seinem Olympia-Gold in Tokio ganz besonders gestärkt, auch das ungewohnte Teamgefühl verhalf ihm in Japan zum Triumph. Auch in Melbourne trug er am Samstag wieder mal ein T-Shirt aus der Kollektion der Spiele. «Ich fühle mich einfach sehr wohl in dieser Kleidung», sagte er: «Es bringt unglaubliche Erinnerungen zurück. Ich wollte einfach dieses Gefühl haben, bevor das Turnier hier anfängt.» Wie in Tokio gehört in Melbourne das Kartenspielen zum Zeitvertreib. Dafür kämen deutsche Tennis-Kollegen in seinem Zimmer vorbei, erzählte Zverev. Darauf will er auch für den ersten Grand-Slam-Titel nicht verzichten.
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