Karl Geiger schlug sich im Regen von Oberstdorf enttäuscht auf die Oberschenkel. Beim Interview-Marathon nach einer fairen Umarmung für Sieger Ryoyu Kobayashi konnte der 28-Jährige seinen fünften Rang zum Auftakt der 70. Vierschanzentournee aber schon wieder positiv einordnen.
«Fünfter Platz – ich sag’s mal so, das ist Schlagdistanz», sagte Geiger mit Blick auf den knappen Rückstand von nur gut drei Metern auf Kobayashi. Geiger wahrte seine Chance auf den ersten deutschen Gesamtsieg bei der Tournee seit dem Triumph von Sven Hannawald vor 20 Jahren.
Horngacher: «Er ist gut gesprungen»
«Die Ausgangsposition ist immer noch gut und wir werden in Garmisch weiterreden», sagte der Lokalmatador nach seinen Sprüngen auf 131,5 und 131 Meter vorausschauend auf das Neujahrsspringen. «Das war jetzt mal ein guter Einstand.» Bundestrainer Stefan Horngacher bewertete das Resultat seines größten Hoffnungsträgers ebenfalls positiv. «Er ist sehr gut gesprungen», sagte er. «Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Er hat es super gelöst. Er ist nicht weit weg mit den Punkten.»
Dass Geiger eine Serie beendete, störte den Coach angesichts des knappen Rückstands nicht besonders. Seit der Saison 2017/18 hatte immer ein DSV-Adler beim Tournee-Auftakt einen Podestplatz erreicht. Hinter Überflieger Kobayashi belegten die Norweger Halvor Egner Granerud und Robert Johansson die Plätze zwei und drei.
Ein Winter-Wunderland mit Schneeflocken und weißen Hängen blieb den Athleten beim Start der Jubiläums-Tournee zwar verwehrt. Vor leeren Rängen und bei ungemütlichem Wetter boten Kobayashi, Geiger & Co. den Fans vor den Bildschirmen dennoch eine spektakuläre Sprungshow, die zügig und problemlos durchgeführt werden konnte.
Nervenstarker Geiger
Der nervenstarke Geiger präsentiert sich schon in der gesamten Saison konstant in Weltklasse-Verfassung und wenig anfällig für negative äußere Einflüsse. Druck oder schwierige Wetterbedingungen kompensiert der ausgeglichene Vater einer Tochter souverän und scheinbar mühelos. Nur einmal in diesem Winter belegte er einen schwächeren Rang als den fünften. Fünfmal stand er in dieser Saison bereits nach einem Einzelspringen auf dem Podest, zweimal sogar ganz oben.
Die Sprunganlage am Schattenberg ist für Geiger nicht nur aufgrund seiner Heimatgefühle und der Tatsache, dass seine Frau und viele Bekannte als Helfer bei den Springen dabei sind, etwas ganz Besonderes. Im vergangenen Jahr gewann er hier den Tournee-Auftakt. Bei den Weltmeisterschaften im Februar und März holte Geiger gleich vier Medaillen, davon zwei goldene. Die Gedanken an solche Momente helfen ihm noch heute.
Eisenbichler erst beim zweiten Sprung «Jaaa»
Anders als Geiger kann dessen Kumpel Eisenbichler seine beste Leistung in diesem Winter nur sehr sporadisch abrufen. Ein Sturz beim Sommer-Grand-Prix hat den emotionalen Siegsdorfer aus dem Konzept gebracht. Immer wieder sieht man Eisenbichler in dieser Saison nach seinen Sprüngen hadern und fluchen. Beim Tournee-Auftakt hatte er dazu wenig Grund. «Jaaa», schrie Eisenbichler nach seinem zweiten Sprung auf 132,5 Meter und schwenkte jubelnd die Faust. «Der zweite Sprung war so, wie ich mir das vorgestellt habe», kommentierte er seine Leistung.
Platz sieben war ein ordentliches Resultat. Eisenbichler war damit zweitbester Deutscher. Stephan Leyhe belegte Rang neun, Pius Paschke sprang auf den 26. Platz.
Freund disqualifiziert
Bitter lief es für Severin Freund. Der 33-Jährige lag mit einem Sprung auf 124,5 Meter eigentlich gut im Wettkampf und hätte seine ersten Weltcup-Punkte in diesem Winter geholt. Wegen eines nicht regelkonformen Anzuges wurde er jedoch disqualifiziert.
«Ich habe eigentlich gedacht, dass es passt», sagte er zum streng kontrollierten Kleidungsstück in der ARD. «Hat es nicht. Es ist ein Sport, bei dem es manchmal um kleine Sachen geht. Es wird kontrolliert, und das ist auch gut so. Das muss man dann akzeptieren und beim nächsten Mal besser machen.» Constantin Schmid schied sportlich nach dem ersten Durchgang aus.
Dort erhielten auch die Tournee-Ambitionen eines Mitfavoriten einen deutlichen Dämpfer: Für den polnischen Skisprung-Superstar und Vorjahres-Tourneesieger Kamil Stoch war der Wettkampf nach einem Sprung auf nur 118 Meter überraschend bereits vorzeitig beendet.
Olympiasieger Andreas Wellinger war sogar gar nicht dabei. Nach Platz 51 in der Qualifikation am Dienstag blieb ihm nur die Zuschauerrolle. Die nächste Chance, es besser zu machen, haben Wellinger, Stoch und ihre Kollegen an Silvester. Dann geht es mit der Qualifikation zum traditionellen Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen weiter.
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