Beim Thema Wintertransfers winken die Bosse des FC Bayern eher gelangweilt ab.
Hasan Salihamidzic ließ schon vor der Öffnung des Januar-Marktes verlauten, dass sich beim angehenden deutschen Zehnjahres-Dauermeister nichts Besonderes tun werde mit Blick auf die zweite Saisonhälfte. «Das ist gar kein Thema. Unser Kader ist top besetzt», sagte der Sportvorstand.
Knifflige und drängende Personalien muss der Vorstand um Oliver Kahn trotzdem in den ersten Monaten 2022 anpacken. Die Preisfrage beim Bundesliga-Herbstmeister lautet: Was wird aus Niklas Süle, Serge Gnabry, Kingsley Coman oder Corentin Tolisso? Die Zukunft zu gestalten wird definitiv teuer. Und das in kaum kalkulierbaren Zeiten. «Wir managen als Fußballclub auch zwei Jahre Pandemie», mahnt Vorstandschef Oliver Kahn. Das neue Jahr geht wegen der Omikron-Variante mit Geisterspielen weiter. Beim FC Bayern bedeutet eine leere Allianz Arena 3,5 Millionen Euro Verlust pro Heimspiel.
Das erschwert die Zielsetzung, nach den kostspieligen Verlängerungen mit den Führungskräften Joshua Kimmich (Vertrag bis 2025) und Leon Goretzka (2026) weitere Mittzwanziger wie Gnabry (26), Coman (25) und auch Süle (26) ebenfalls längerfristig zu binden.
Süle und Tolisso ablösefrei
Nach dem Österreicher David Alaba, der im vergangenen Sommer zu Real Madrid ging, könnten am Saisonende Nationalverteidiger Süle und der einstige 41,5-Millionen-Euro-Rekordtransfer Tolisso ablösefrei gehen. Das wäre ärgerlich. Süle hat seine Leistungen unter Trainer Julian Nagelsmann wieder stabilisiert. Ihm wird aber auch ein Faible für die englische Premier League nachgesagt. Nagelsmann mutmaßte, «dass es einen Markt gibt» für den kantigen Innenverteidiger. Kahn äußerte sich zurückhaltend zum Süle-Verbleib: «Es kommt darauf an, dass wir eine Basis finden, wo das für beide Seiten funktionieren kann.»
Für den Rummenigge-Nachfolger auf dem Posten des Vorstandschefs ist ein zentrales Thema der Zukunft «Kostenkontrolle». Die Gehälter der Topspieler kennen nur eine Richtung: nach oben. Eine wichtige Rolle spielt dabei das internen Gehaltsgefüge. Süle vergleicht sich mit einem Abwehrkonkurrenten wie Lucas Hernández. Für die Flügelspieler Gnabry und Coman heißt die Bezugsgröße Leroy Sané. Beide, Hernández wie Sané, werden dem Kreis der Münchner Großverdiener zugeschlagen.
«Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als dass er verlängert», sagte Nagelsmann zu Gnabry nach dessen jüngster Drei-Tore-Gala beim 5:0 in Stuttgart. Auch bei Coman gerät der Coach ins Schwärmen. Der Franzose sei «einer der Top-Flügelspieler auf diesem Planeten». Und darum würde Nagelsmann (Vertrag bis 2026) mit Coman «gerne noch viele Jahre zusammenarbeiten». Die Zeit drängt: Gnabry und Coman sollen möglichst nicht ablösefrei in die kommende Spielzeit gehen.
Für den 27-jährigen Tolisso werden die Bayern ihr Budget nicht ausreizen. In viereinhalb Jahren stand der immer wieder verletzte Weltmeister nur in 64 von 151 möglichen Ligapartien auf dem Platz. Der Franzose hat es nie geschafft, dauerhaft wichtig zu sein. Er ist im Mittelfeld ersetzbar; hinter Kimmich und Goretzka gibt es in Marcel Sabitzer und Marc Roca Alternativen. Zum Hinrundenende half auf der Sechser-Position sogar Jamal Musiala erfolgreich aus.
Nagelsmann mit Kadergröße zufrieden
Für die Rückrunde genügt Nagelsmann der aktuelle Personalbestand. «Wenn man das letzte halbe Jahr nimmt, bin ich froh, dass wir den Kader so hatten, wie wir ihn haben, weil wir jeden Spieler auch gebraucht haben», sagte er bei seinem Halbzeit-Fazit. Mit Tolisso wäre im Januar noch eine Ablöse zu erzielen. Erster Kandidat zumindest für eine Ausleihe ist Fehleinkauf Michael Cuisance (22).
Nagelsmann ist grundsätzlich «kein Freund von großen Kadern». Er arbeitet lieber mit weniger Profis. Wöchentlich diskutiert der Coach mit dem Vorstand um Salihamidzic und Kahn über den Kader und dessen Entwicklung. Vorstandschef Kahn sieht seine Rolle dabei als «Mittler zwischen sportlichen und wirtschaftlichen Interessen», wie er gerade der «Süddeutschen Zeitung» sagte. Was lässt Corona zu? Was nicht?
Für neue Verträge mit Süle, Gnabry und Coman müsste der Verein tief in die Kasse greifen. Im Blick behalten müssen die Bayern-Bosse dabei aber auch, dass Mitte 2023 schon wieder die happigen Verträge der Leitfiguren Robert Lewandowski (33), Manuel Neuer (35) und Thomas Müller (32) auslaufen. Die Vertragsgespräche mit dem wertvollen Ü30-Trio müssen demnächst auch schon wieder aufgenommen werden.
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