Die einstigen Bundesliga-Schwergewichte FC Schalke 04 und Hamburger SV haben sich für die Attacke auf die Aufstiegsplätze in der 2. Liga in Stellung gebracht.
Nach dem 1:1 im Spitzenspiel des Fußball-Unterhauses bleiben beide Kopf an Kopf mit jeweils 30 Punkten prominenteste Verfolger des überraschenden Führungsduos FC St. Pauli und Darmstadt 98. «Wir sind angriffslustig. Wir haben gezeigt, dass wir oben dabei sind. Wir sind in Schlagdistanz», sagte Schalkes Sportdirektor Rouven Schröder erfreut und kündigte an: «Wir müssen schauen, ob wir uns im Winter noch verstärken.»
Die Schalker fühlten sich als der moralische Sieger jener Begegnung, von der es in der Bundesliga in vielen gemeinsamen Jahren beider Vereine 100 gab, aber in der 2. Liga lediglich zwei. Vor 15.000 Zuschauern im Volksparkstadion, die zunächst einen Krach wie 57.000 veranstalteten, hatten sich die Schalker nach der blitzartigen Führung des HSV nach nur 72 Sekunden schnell gefangen. In der zweiten Halbzeit dominierte das Team von Trainer Dimitrios Grammozis, der nach überstandener Corona-Infektion wieder an der Seitenlinie stand, den Gegner unerwartet deutlich.
«In der zweiten Halbzeit hat nur eine Mannschaft den Sieg verdient – und das waren wir», sagte Grammozis. «Der Gegner war Mitte der zweiten Halbzeit komplett platt, hat nur noch hinten gestanden und auf Konter gelauert, und selbst die haben wir super unterbunden.» Nach dem 3:1 des HSV im Hinspiel auf Schalke waren die Königsblauen in der Tat einem Erfolg in Hamburg sehr nahe. Ihnen fehlte aber ihr verletzter Vollstrecker Simon Terodde, der noch im Vorjahr 24 Tore für den HSV geschossen und damit für ein Drittel der norddeutschen Torausbeute gesorgt hatte.
HSV zu Hause noch unbesiegt
Der HSV, der neben dem Lokalrivalen FC St. Pauli als einzige Mannschaft der 2. Liga zu Hause unbesiegt ist, wollte sich mit einem rauschenden Erfolg in die Winterpause verabschieden. Stattdessen herrschte Frust. «Wir sind sauer und enttäuscht», grantelte Rechtsverteidiger Moritz Heyer. Die Spielweise der Norddeutschen unter Trainer Tim Walter ist auf Dominanz ausgelegt: deutlich mehr Ballbesitz, mehr Offensivaktionen, mehr Torschüsse. Was in der ersten Hälfte noch funktionierte, kippte nach der Pause. «Wir waren heute nicht mutig genug. Wir haben den Gegner eingeladen, in unsere Hälfte zu kommen. Wir haben zu lange Bälle gespielt», monierte Walter.
Anders als auf Schalke, wo die Rückkehr ins Oberhaus klares Ziel ist, ziert man sich beim HSV. Die Vokabel Aufstieg hat die Führungscrew der Norddeutschen durch eine Wischiwaschi-Formulierung ersetzt: «Unser Ziel ist, dass wir uns weiterentwickeln», umschreibt Sportvorstand Jonas Boldt die Saisonaufgabe und wiederholt diese mantraartig bei jeder Gelegenheit.
«Ob wir im Soll sind oder nicht, der Fußball ist letztendlich gerecht. Und darum stehen wir da, wo wir stehen», befand Walter bei Sport 1 leicht genervt, weil er zu Zielen sprechen und ein Zwischenfazit ziehen sollte. «Es geht nicht um die Tabellenstände, es geht nicht um Ergebnisse, sondern es geht darum, wie die Art und Weise ist. Und es geht darum, sich von Ergebnissen freizumachen und endlich mal eine Philosophie zu implementieren. Und da sind wir auf einem sehr guten Weg.»
Die Zweitliga-Granden HSV und Schalke sind hinter dem Duo St. Pauli und Darmstadt aber beileibe nicht die Einzigen, die für den Aufstieg infrage kommen. Auch Nürnberg, Heidenheim, Regensburg, Paderborn und Bremen sind in Sichtweite und gieren nach einem Platz im Fahrstuhl. Wieder einmal knistert es vor Spannung in der ausgeglichenen 2. Liga – ganz im Gegensatz zum Oberhaus.
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