Nach seinem «mental schwersten Jahr» und langem Schweigen geht Diskus-Olympiasieger Christoph Harting den Neustart an.
«Meine aktuelle Motivation reicht bis zu den Olympischen Spielen 2024 und 2028 – das sind noch ‚entspannte‘ sieben Jahre», bekräftigte der Rio-Olympiasieger nach großen Enttäuschungen seine Karriereplanung. Der 31-Jährige, der sich öffentlich seit langem praktisch nicht mehr äußert, positioniert sich nun zumindest auf der Internetseite des Deutschen Leichtathletik-Verbandes wieder mit eigenen Aussagen.
Mentale und gesundheitliche Probleme stoppen Harting
Nach seinem Gold-Coup von Rio de Janeiro 2016, als er für seine Einlagen bei der Siegerehrung als respektlos kritisiert wurde, verpasste Reizfigur Harting die Sommerspiele in Tokio. Nachdem ihm im Jahr 2020 die Corona-Pandemie laut DLV «schwer zu schaffen» machte, bremsten ihn in diesem Jahr gesundheitliche Probleme aus: Erst erlitt er einen doppelten Bänderriss, später ereilte ihn eine Nierenbecken-Entzündung. Trotz zehn Wettkämpfen in Serie fast im Vier-Tages-Takt reichte es für den Bruder von Diskus-Legende Robert Harting nicht für die Qualifikation.
Als in Tokio die Olympischen Spiele ohne ihn eröffnet wurden, habe er einmal schlucken müssen, sagte Harting, der seit Anfang 2020 stellvertretender Athletensprecher ist. «Wahrscheinlich haben sie mich gewählt, weil sie wissen, dass ich immer meine Klappe aufmache.»
Harting soll und will in den vergangenen Monaten und nach Gesprächen an der Seite von Athletensprecherin Nadine Hildebrand neue Erkenntnisse gewonnen haben. «Ich kann nicht mehr sagen: „Der böse DLV – der Verband ist doof.‘ Im Gegenteil: Mittlerweile habe ich festgestellt, dass man es einfach mit verschiedenen Personen in verschiedenen Funktionen zu tun hat, die in ihrer Kommunikation Stärken und Schwächen aufweisen», sagte er. «Das führt in Summe gelegentlich zu fehlender Transparenz und Misskommunikation. Früher hat mich das aufgeregt und es ließ sich wunderbar pauschalisieren – das geht heute nicht mehr.»
Körperliche Grenzen «noch nicht erreicht»
Sportlich blickt Harting, der in der Vergangenheit mit unkonventionellem Verhalten und provokanten Statements aneckte, sowieso nach vorne. Schon vor der Tokio-Enttäuschung musste er Frusterlebnisse verarbeiten. Zuvor hatte er bereits die WM 2017 in London verpasst. Bei der EM 2018 in Berlin und der WM 2019 in Doha scheiterte er jeweils in der Qualifikation. Das soll ihm im kommenden Jahr nach eigener Vorstellung nicht wieder passieren. Dann sind die Weltmeisterschaften vom 15. bis zum 24. Juli in Eugene in den USA und die Europameisterschaften vom 11. bis zum 21. August in München die Saisonhöhepunkte für die Leichtathleten.
Für Harting könnten das wegweisende Zwischenstationen auf dem Weg zu Olympia in Paris (2024) und Los Angeles (2028) werden. «Jede Disziplin hat ihre Zeit. Wir Diskuswerfer zählen zu den ältesten Athleten, man kann auch mit Mitte 30 noch richtig weit werfen. Und vor allem: Ich habe meine körperlichen Grenzen noch nicht erreicht», sagte der Athlet vom SSC Berlin.
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