Geschäftsführer Viktor Szilagyi war nach der fast schon peinlichen 25:29-Pleite des THW Kiel bei Aufsteiger TuS N-Lübbecke mächtig angefressen.
«Es gab in letzter Zeit sehr viel Unruhe bei uns», sagte Szilagyi. «Aber das lassen wir nicht gelten. Solch ein Auftritt ist unentschuldbar. Ohne die Leistung von Lübbecke schmälern zu wollen, ist das für uns eine Blamage.» Der Handball-Rekordmeister steckt nach dem vierten Liga-Spiel ohne Sieg in Serie in einer veritablen Krise und hat vor der Länderspielpause erst einmal den Kontakt zum Bundesliga-Spitzenduo SC Magdeburg und Füchse Berlin verloren.
Sagosen: «Für meine Familie entschieden»
Für den Branchenprimus läuft es derzeit gar nicht nach Wunsch. Zum einen kündigte Superstar Sander Sagosen unlängst seinen Abschied spätestens zum 30. Juni 2023 an. Der Rückraumspieler wurde wie seine norwegischen Nationalmannschaftskollegen Magnus Röd (SG Flensburg-Handewitt), Magnus Gullerud (SC Magdeburg) und Torbjörn Bergerud (GOG Gudme, früher Flensburg) bei einer Pressekonferenz in der Heimat als Zugang beim ambitionierten Projekt von Kolstad IL vorgestellt. «Ich möchte klarstellen, dass ich mich nicht gegen den THW Kiel, sondern für meine Familie und meine Heimat entschieden habe», sagte Sagosen. «Ich möchte mir am Ende meiner Karriere nicht die „Was wäre passiert, wenn…?‘-Frage stellen.»
Hinzu kamen zuletzt die Impfdurchbrüche bei Sagosen und Steffen Weinhold, die mehrere Spiele wegen einer Corona-Quarantäne verpassten, und die immens hohe Dichte an Pflichtspielen.
Dennoch war der THW beim Spiel gegen den Rekordaufsteiger aus Lübbecke klarer Favorit. Der Verein hatte in der Causa Sagosen schon am Freitag für Klarheit gesorgt und mitgeteilt, dass der 2020 von Paris Saint-Germain gekommene Norweger seinen bis 2023 datierten Vertrag nicht verlängern wird. Zudem kehrten Sagosen und Weinhold ebenso wie Kreisläufer Patrick Wiencek, der zuletzt in der Champions League bei Vardar Skopje aus persönlichen Gründen gefehlt hatte, in den Kader zurück.
THW in Lübbecke fast chancenlos
Doch auf dem Parkett lief nichts zusammen. «Lübbecke hat bis zum Umfallen gekämpft und absolut verdient gewonnen. Wir waren eigentlich chancenlos», befand THW-Kapitän Domagoj Duvnjak und fügte zerknirscht hinzu: «Für dieses Spiel gibt es keine Entschuldigung.» Szilagyi wurde in seiner Analyse noch deutlicher. «Uns haben heute die Grundlagen gefehlt. Wir müssen uns vorwerfen, dass wir nicht ab der ersten Minute alles auf den Platz gebracht haben. Kernig sein ist manchmal wichtiger als Qualität», kritisierte der Österreicher. «Und als wir uns reingekämpft haben, war es schon zu spät.»
Alles, was Trainer Filip Jicha am Samstagabend versuchte, zeigte keine Wirkung. Egal, ob es der Wechsel der Abwehrsysteme war oder der Einsatz des siebten Feldspielers in der Offensive. Der aufopferungsvoll kämpfende Aufsteiger hatte immer eine Antwort parat und bejubelte am Ende völlig verdient den ersten Sieg gegen die Kieler seit 19 Jahren. «Das ist eine Sensation», sagte TuS-Trainer Emir Kurtagic.
Nach der anstehenden Länderspielpause geht es für den THW mit den Heimspielen gegen den Bergischen HC am 11. November und gegen die TSV Hannover-Burgdorf am 14. November weiter. Dann gilt es, den Rückstand auf Magdeburg und Berlin nicht noch größer werden zu lassen. Und auch in der Champions League steht der deutsche Meister unter Druck. Am 18. November geht es gegen Aalborg HB aus Dänemark darum, den zweiten Platz in der Vorrundengruppe A zu verteidigen. Der muss am Ende erreicht werden, um die Playoff-Runde zu überspringen und direkt ins Viertelfinale einzuziehen.
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