Im strömenden Regen haderte Andreas Wellinger mit sich selbst. Deutschlands bester Skispringer war bei der Skiflug-WM unzufrieden mit seiner Leistung, ist beim möglichen Zentimeterspiel um Gold, Silber und Bronze aber noch immer mittendrin.
«Es fehlt nicht viel. Es ist echt nah dran. Es fehlt einfach die letzte Balance. Wenn ich das hinkriege, ist alles möglich», sagte Wellinger, der zur Halbzeit des Einzelwettbewerbs in Bad Mitterndorf auf Platz vier liegt, im Auslauf der riesigen Schanze am Kulm.
Unmittelbar mit Ende des Wettbewerbs hatte der starke Regen vor 7800 Zuschauern eingesetzt. Passend dazu spielten die Organisatoren «It’s raining Men» ein. Wirklich enteilt ist Wellinger nur der Slowene Timi Zajc, der nach Versuchen auf 228,5 und 227 Meter deutlich führt. Stefan Kraft aus Österreich und Johann Andre Forfang aus Norwegen folgen auf den Plätzen.
Medaille in Reichweite
Forfang liegt allerdings nur 0,5 Punkte und damit umgerechnet gut 42 Zentimeter vor Wellinger. «Er ist nach wie vor dabei im Kampf um Platz drei. Auch Platz zwei ist nicht außer Reichweite», sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Der 28 Jahre alte Wellinger kündigte an: «Die Kunst ist, dass wir uns Sprung für Sprung reinarbeiten.»
Die Entscheidung fällt am Samstag (14.00 Uhr/ZDF), wenn die Durchgänge drei und vier anstehen. Abgesehen vom formstarken Wellinger haben die drei weiteren deutschen Starter keine Medaillenchancen mehr. Karl Geiger (213 und 180 Meter) belegt zur Halbzeit Rang 20 und kann an seine Leistungen vom WM-Titel 2020 nicht anknüpfen. Stephan Leyhe (12.) und Pius Paschke (19.) sind ebenfalls deutlich zurück. «Das war heute noch nicht das Gelbe vom Ei», sagte Paschke.
Wellinger sieht noch Steigerungspotenzial
Wellinger dagegen hat nach Gesamtrang zwei bei der Vierschanzentournee kein Stück nachgelassen und auch bei der Polen-Tour Konstanz auf allerhöchstem Niveau bewiesen. «Es ist das erste Mal in seinem Leben, dass er mit einer sehr guten Form zur Skiflug-WM geht», sagte Horngacher bereits vor dem langen Flug-Wochenende auf der bekannten Anlage in der Steiermark.
Die Medaillenambitionen untermauerte er am Freitag mit seinen Sprüngen. Und das, obwohl er nach eigenen Angaben noch technische Schwierigkeiten im Flug hatte. «Es ist ein bisschen die Welle eingebaut. Ich weiß, das liegt an meinem Namen, aber das muss ich noch besser hinkriegen», sagte Wellinger mit einem Grinsen.
Sturz und Disqualifikationen
Nachdem am Donnerstag witterungsbedingt gar nicht geflogen werden konnte, sorgte der junge Amerikaner Erik Belshaw am Freitag für einen Schockmoment. Der 19-Jährige konnte sich nach der Landung nicht auf den Skiern halten, stürzte bei mehr als 120 Kilometern pro Stunde in den Schnee und rollte den Hang hinunter. Belshaw konnte danach aber wieder aufstehen und den Auslauf selbstständig verlassen.
Der Norweger Halvor Egner Granerud durfte erst gar nicht von der Schanze. Der Gesamtweltcup- und Vierschanzentourneesieger der Saison 2022/2023 wurde noch vor seinem ersten Sprung wegen eines Fehlers im Anzug disqualifiziert. Auch Graneruds Landsmann Marius Lindvik (201,5 und 206 Meter) als Titelverteidiger und der japanische Tournee-Sieger Ryoyu Kobayashi liegen bereits deutlich zurück.
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